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Persönlicher Kommentar


Es gibt ja Skandale, bei denen man sich fragt, wie sie passieren konnten. Und dann gibt es die CSU. Genauer: Andreas „Pleitegeier“ Scheuer und seinen Vorreiter im Verkehrsministerium, Alexander „Ausredner“ Dobrindt. Den vergaß ich in meinem letzten Artikel zu erwähnen. Shame on me.

Bei dem Gedanken an milliardenschwere Infrastrukturprojekte, die die Unionsparteien CDU und CSU in den Sand gesetzt haben, natürlich fiel mir als erstes die deutsche Ausländermaut ein und ja, die daraus resultierenden mehrere hundert Millionen hohen Schadenersatzzahlungen hat Andi Scheuer zu vertreten. Aber Kopf des Ganzen war der andere Verkehrs Alex. Und vor allem ist er derjenige, der sich in Erwartungshaltung auf einen Ministerposten um Friedrich Merz räkelt und sich in jede Talkshow einladen lässt, obwohl er nie etwas zu sagen hat. Besser gesagt, gerne immer wieder betont, was er selbst loswerden will – ohne auf die Frage einzugehen die gestellt wurde. Vielleicht ist das so ein Politikerding.

Ehre, wem Ehre gebührt.

Und selbstverständlich haben Bundesminister keine Fehler zu verantworten. Sie sind aus guten Gründen rechtlich außen vor, auch wenn das auf den ersten Blick wenig sinnig erscheinen mag. Es bleibt ein fader Beigeschmack.

Zwei Namen, ein politisches Totalschaden-Portfolio.


Alexander Dobrindt hatte bereits 2013 eine Idee, die an Stammtischen super ankam und europarechtlich von Anfang an auf wackeligen Stelzen stand: Die „Infrastrukturabgabe“, besser bekannt als PKW-Maut für Ausländer.


Der Plan: Ausländische Autofahrer sollen zahlen, deutsche Autofahrer sollen über die Kfz-Steuer entlastet werden. Klingt gerecht? Fand Dobrindt auch. Die EU allerdings nicht. Der EuGH warnte mehrfach, dass das Modell ausländische Autofahrer benachteilige und gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoße.

Scheuer machte einfach. Solche Leute braucht das Land. Scheuer ist ein Macher. Er schaut nicht links und nicht rechts, ob es da Zustimmung gibt. Er macht einfach, sogar wider besseren Wissens. Das dürfte Fritze Merz gefallen.

Noch vor dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) unterschrieb er Verträge mit den Mautbetreibern. Und zwar mit millionenschweren Entschädigungszahlungen für den Fall, dass das Projekt scheitert. Spoiler: Es ist gescheitert. Der EuGH kippte die Maut, die Betreiber forderten Schadenersatz. Der Bund zahlte viele hundert Millionen Euro aus der Staatskasse. Was absurd erscheint, da die Betreiber das Urteil abwarten wollten. Doch Scheuer und seine CSU wollten es schneller, weil das sind echte Macher, die anpacken. Scheiß auf Gleichberechtigung.



Der Bundestag setzte 2020 einen Untersuchungsausschuss zur PKW-Maut ein. Was dabei herauskam, ist ein Lehrbuchbeispiel für politische Verantwortungslosigkeit. Scheuer hatte laut Abschlussbericht gegen Grundprinzipien guter Haushaltsführung verstoßen. Besonders pikant: Er hatte den Bundestag nicht vollständig informiert – unter anderem über Vertragsklauseln mit hohen Kostenrisiken.


Konsequenzen? Keine natürlich.


Scheuer blieb Minister bis zum Ende der Legislaturperiode. Tingelte durch TV-Talkshows und verbreitete dort seine Sicht der Dinge – natürlich ohne Schuldgefühl, dafür mit CSU-typischer Selbstgewissheit.


Und Dobrindt?


Der sitzt bis heute in der Bundestagsfraktion und gibt den Unerschütterlichen. Ich finde das echt heftig. Ich habe dir im Quellenverzeichnis exemplarisch eine ganz aktuelle Polit-Talkshow verlinkt, in der du dir selbst ein Bild von Dobrindts Redegewandtheit machen kannst.

Ehre, wem Ehre gebührt.

Schon bei seiner ersten Antwort kommt mir die Galle hoch.

„[grinst abwertend] Da war jetzt in der Frage was ein bisschen falsch dargestellt. Bitte nicht falsch verstehen, aber das worum es geht ist…“

Für gewöhnlich geht es darum, wonach die Moderation gefragt hat. Meinem Verständnis nach. Außerdem war die Frage hochinteressant. Glücklicherweise sieht das die Moderatorin genauso.
Maybritt Illner grätscht dezent dazwischen, „haben Sie mich schon verstanden glaube ich?“.


Konter von Dobrindt: „Ja, aber…“

Illner wiederholt „Sie haben meine Frage nicht vergessen?“


Es folgen zehn spannende Gesprächsminuten, ehe Dobrindt erneut zu Wort kommt. Es geht weiter wie es endete.


Illner: „Wir fragen die Politik natürlich auch danach, ob Sie, Herr Dobrindt, die Bürger da an Ihrer Seite haben. Weil, warum reden wir über dieses viele Geld? Wir reden über dieses viele Geld weil es beim Bürger tatsächlich von der Union nicht so angekündigt war. Über 70% der Menschen sagen, dass die Union, dass Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat tatsächlich sein Wort gebrochen hat. in Bezug auf dieses Schulden machen. Ist das etwas, was Sie glauben würden, was so an ihm kratzen würde, was so an seiner Glaubwürdigkeit kratzt, dass er es schwer überwinden können wird?“


In meinen Augen trifft die Frage den Zahn der Zeit. In meiner jüngsten Artikelreihe schrieb ich ausführlich dazu, wieso ich es für so gefährlich halte, dass Merz ausgerechnet in einer so zentralen Frage seine Wählerinnen und Wähler belogen hat. Unsere Politik erleidet ohnehin schon ein Glaubwürdigkeitsproblem der Extraklasse.

Ausgerechnet jetzt, da die AfD in allen Reihen am erstarken ist. Müssen wir da noch Öl ins Feuer gießen? Ich meine nein.

Dobrindt sieht die Dinge anders.

Er erklärt der Moderatorin, dass auch diese Frage falsch gestellt ist und die Menschen nur wissen wollen, wofür das Geld Verwendung finden soll. Die Frage, ob Friedrich Merz durch eine Lüge zum Kanzler wurde und in der Frage nach dem vielen Geld jetzt das Gegenteil mache von dem, was er vor der Wahl versprochen hat, diese Frage stelle sich nicht.
Eigenartig. Ich habe die Frage eben erst von der Moderatorin gehört. Und ich bin ein Bürger, der mit diesem Kanzler leben muss und ja, ich stelle diese Frage auch. Sind wir schon zwei.

Derweil legt er sich gleich noch mit anderen Gästen an mit der Frage, inwieweit der Bund die Länder gängelt. Auch dazu habe ich kürzlich geschrieben und erklärt, wieso ich diese Frage leider nur mit einem klaren „Ja“ beantworten kann. Und, was hast du erwartet, wieder vertritt Alexander Dobrindt eine ganz eigene, nennen wir es makroökonomisch fragwürdige und irgendwie arrogante Ansicht.

Doch warte mal, diese hitzige Debatte unter den Gästen der Talkshow könnte zwar recht kurzweilig interessant werden – Punkt für Dobrindt – aber das war nicht die Frage. Nicht einmal das Thema.

Die Moderatorin geht dazwischen und hebt mahnend den Finger – sehr geil.
„Ich erinnere nochmal an den Wortbruch. Sie erinnern sich immer an meine Fragen, Herr Dobrindt? Also wir hören Ihnen ja noch gemütlich zu. Ich wollte Fragen ist dieser Bundeskanzler der Zukunft ein beschädigter. ohne dass er schon im Amt ist?“

Dobrindt, ein kalter Fels in der Brandung.. „Ja und genau des habe ich eben erklärt. Es hängt an der Verwendung des Geldes…“

Diesmal unterbricht die Moderatorin sofort: ‚Ich rede über diesen Wortbruch, Herr Dobrindt. Auch Sie haben die Schuldenbremse verteidigt bis zum Letzten, und zwar bis in die letzte Sendung vor der Wahl und haben gesagt die bleibt, die steht.“

Ach, worüber ich schon alles geschrieben habe. Auch zur Schuldenbremse. Warum sie von Anfang an eine schlechte Idee war, warum die Art der Umsetzung makroökonomisch falsch ist, warum sie weg muss. Den Artikel findest du aquí.

Jetzt wäre es Dobrindts Chance gewesen einen Fehler zuzugeben und zu erklären, wieso das jetzt doch richtig ist, was gemacht wird. Denn das ist es. Die Politik müsste die Menschen nur abholen und mitnehmen.

Dobrindt sieht das anders.

Wir sind es nicht anders gewohnt. Die Frage sei falsch formuliert, denn die Schuldenbremse stehe nämlich noch.
Ja. Die Schuldenbremse steht. So, wie vor der Wahl versprochen, stehe die Schuldenbremse.


Tief Luft holen. Der Mann meint das wirklich ernst. Die Schuldenbremse stehe noch. Sie sei nur dahingehend verändert worden, dass sie nicht mehr gilt.


Auf diese Argumentationskette musst du erstmal kommen.

Ehre, wem Ehre gebührt.


Und so geht es weiter und so geht es fort. Die gesamte Sendung. Dobrindt ist ein mustergültiger Symbolpolitiker. Groß in großen Sprüchen und noch größer darin, sich aus der Verantwortung zu winden. Um keine Ausrede verlegen, sei sie noch so an den Haaren herbeigezogen. Sich für keinen politischen Wendehals zu schade, sei er noch sog haarsträubend.

Damit passt er zumindest gut ins neue Team von Friedrich Merz. Als Innenminister würde er sich perfekt einfügen zwischen künftigem Bundeskanzler Fritze „Wendehals“ Merz und bayerischem Ministerpräsidenten Markus „Dampfplauderer“ Söder.

Dass Alexander Dobrindt mit der Idee zur rechtlich unhaltbaren Ausländer-Maut die Vorlage für einen der teuersten Polit-Fails der Nachkriegsgeschichte lieferte ist heute kein Thema mehr. Die CSU hat ihren eigenen Umgang mit Geschichte.

Mei, Deutschland hat gewählt. Und was für einen verlogenen Haufen wir gewählt haben. A bisserl traurig, nein, demütig stimmen kann es einen bei aller Tragikomik dann doch. Denn am Ende des Tages stellt sich die Frage, wussten sie, was sie tun?

1WDR: Maut-Skandal: Warum Ex-Verkehrsminister Scheuer nicht zahlen mus https://www1.wdr.de/nachrichten/scheuer-maut-entscheidung-gerecht-100.html 2tagesschau: Bund verzichtet auf Klage gegen Scheuer https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/scheuer-pkw-maut-110.html 3 tagesschau: Ermittlungen gegen Ex-Verkehrsminister Scheuer https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/scheuer-maut-125.html 4Handelsblatt: Das Pkw-Maut-Desaster der CSU kostet rund 243 Millionen Euro https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/schadensersatz-das-pkw-maut-desaster-der-csu-kostet-rund-243-millionen-euro/29238526.html 5Liste der Teilnehmer an den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD 2025 https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Teilnehmer_an_den_Koalitionsverhandlungen_zwischen_CDU/CSU_und_SPD_2025 62. Juli 2024 | Live-Statement mit Friedrich Merz & Alexander Dobrindt https://www.cducsu.de/video/2-juli-2024-live-statement-mit-friedrich-merz-alexander-dobrindt 7Alexander Dobrindt (CSU), CSU-Landesgruppenchef, Mitglied Verhandlungsteam für die Union bei maybritt illner https://youtu.be/UnSZu6sIFjY

Lista de fuentes

  • 1
    WDR: Maut-Skandal: Warum Ex-Verkehrsminister Scheuer nicht zahlen mus https://www1.wdr.de/nachrichten/scheuer-maut-entscheidung-gerecht-100.html
  • 2
    tagesschau: Bund verzichtet auf Klage gegen Scheuer https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/scheuer-pkw-maut-110.html
  • 3
    tagesschau: Ermittlungen gegen Ex-Verkehrsminister Scheuer https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/scheuer-maut-125.html
  • 4
    Handelsblatt: Das Pkw-Maut-Desaster der CSU kostet rund 243 Millionen Euro https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/schadensersatz-das-pkw-maut-desaster-der-csu-kostet-rund-243-millionen-euro/29238526.html
  • 5
    Liste der Teilnehmer an den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD 2025 https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Teilnehmer_an_den_Koalitionsverhandlungen_zwischen_CDU/CSU_und_SPD_2025
  • 6
    2. Juli 2024 | Live-Statement mit Friedrich Merz & Alexander Dobrindt https://www.cducsu.de/video/2-juli-2024-live-statement-mit-friedrich-merz-alexander-dobrindt
  • 7
    Alexander Dobrindt (CSU), CSU-Landesgruppenchef, Mitglied Verhandlungsteam für die Union bei maybritt illner https://youtu.be/UnSZu6sIFjY