Regenwald, Scheitern, Beweisen und so

Es geht mir gut. So im Ganzen. Halbwegs. Die Vermisstenanzeigen könnt ihr zurücknehmen. Ist aber lieb. Danke dafür.

Viel und wenig los die Tage bei mir. Ich bedaure, mich nun doch in einer Art unpersönlichen Massenmail an dich zu wenden des Dankes wegen. Unglaubliche 7.553,32 € sind zusammengekommen, um den Kauf von Regenwald in Kanada zu finanzieren und dann auch dauerhaft unter wirksamen Schutz zu stellen. Dafür sorgen die vielen Hände von Wilderness International und „Locals“ vor Ort. Wenn dich deren Arbeit näher interessiert, einfach mal danach suchen. Besondere spannend finde ich Youtube Videos von vor Ort.

Wie so oft könnte ich eine ellenlange Linkliste mit Quellen hinten anhängen. Doch das ändert nichts. Schaut sich ja doch niemand an. Wer nicht glauben möchte, was ich schreibe, den werden Links zu NASA Satellitendaten, veröffentlichte Studien des Weltklimarates und Wissenschaftliche Arbeiten auch nicht überzeugen. Never underestimate the power of denial. Erst recht nicht, wenn es bedeutet, die eigene bequeme Lebensweise ändern zu müssen. Die eigene Komfortzone zu verlassen. Die Tatsachen ändert das trotzdem nicht.

Wenn ich über meine Meinung spreche, dann sage ich das. Unmissverständlich. Alles andere sind evidenzbasierte Messungen, die du alle bei einer Suche durch die Suchmaschine deiner Wahl auf Seite eins findest. Tatsächlich, doch, eine Quelle gebe ich Preis. Den Link zu einer Aufzeichnung des letzten Beitrags aus der Reihe „Time is up“ von Dr. Mark Benecke. Weil ihm Dank gebührt für seine brilliante jahrzehntelange Forschungsarbeit. Die Vorträge sind genial. Es gibt nicht viele Menschen, die auf Ihrem Gebiet so viel Wissen haben und dich zwei Stunden mit geballten Informationen und Zahlen ohne Punkt und Komma zuballern können. Selbst auf komplexe Zuschauerfragen habe ich nie das Wort „äh“ aus seinem Mund gehört. Überlegen tut er in seinem Labor, Kriminalbiologe und Spezialist für forensische Entomologie ist er. Überlegen auf der Bühne siehst du nicht bei ihm. Dafür weiß er zu viel. Und er hat Antworten. Ich werde viel aus seinem Vortrag nehmen. Weil ich es besser nicht hätte ausarbeiten können.

Warum gab es noch keine Infos zum Kauf des Regenwalds, hast du dich sicher gefragt. Nun, das hat ein paar Gründe. Das Team von Wilderness International, über die alles läuft, ist recht angetan von unserer Spendenaktion. Ich bin mit ihnen im Austausch und wir überlegen, ob wir nicht gemeinsam noch mehr zusammen machen können. Und das erste Projekt geht heute an den Start. Pünktlich zum Beginn der Vorweihnachtszeit. Ist richtig toll geworden. Ich habe Ideen, Energie und noch mehr Zeit da reingesteckt. Ich hoffe, du wirst ebenso begeistert sein wie ich.

Doch wieso arbeite ich still und heimlich an einer neuen Idee, ohne das vorige Projekt abzuschließen? Das ist nun wirklich untypisch für mich.

Die Dinge kamen anders als geplant. Sehr anders. So richtig anders.

Ich liege in Wolfratshausen in der Klinik auf der Intensivstation. Mein Hals fühlt sich so an als hätte ihn jemand aufgeschlitzt. Liegt vielleicht daran, dass genau das gemacht wurde. Mein gesundheitlicher Zustand hat sich über die vergangenen Wochen dramatisch verschlechtert. Zuletzt habe ich die Tage nur noch unter Unmengen von Beruhigungsmitteln überstanden, die jeden „normalen“ Menschen ins Jenseits befördert hätten. Ständige „Missgeschicke“ in der Pflege haben mir den Rest gegeben. Ich hatte täglich Panikattacken, mein Magen-Darm-System ist vollkommen ausgetickt und meine Atmung wurde katastrophal. Klingt so bissl nach Klagen auf hohem Niveau. Aber es wurde so ungemütlich und aussichtslos, dass ich mich für einen Tracheostoma entschieden habe. Soll heißen, Luftröhrenschnitt und zukünftig Beatmung über Kanüle direkt in die Bronchien. Keine Maske mehr. Etwas, das ich nie wollte. Aus Gründen.

Es ist an sich keine große Sache. Als ALS Patient in meinem Stadium ist aber halt alles etwas anders. Von meinen Augen abgesehen kann ich nichts bewegen. Muskelkraft existiert nicht. Fettgewebe findest du an meinem Körper überhaupt nicht. Es gibt kein Polster für gar nichts.

Andere Patienten würden im Bedarfsfall die Glocke drücken. Das is bei mir nicht. Mit der Maske konnte ich im Notfall mit meinem Mund ein Leck simulieren, um Alarm auszulösen. Das is nich mehr. Einer der Hauptgründe, wieso ich mich lange Zeit gegen die Kanüle gewehrt habe. Hätte ich noch einmal die Wahl, ich würde nichts anders machen. Es war der richtige Zeitpunkt. Allen, die mich gerne früher mit Kanüle gesehen hätten, kann ich nur sagen, ihr habt keine Ahnung, wovon ihr redet. Es ist außerdem mein Körper. Nicht deiner.

Die OP ist gut verlaufen. Es blutet noch nach, ohne Schmerzmittel ist es nicht zu ertragen. Ich werde bis Ende nächster Woche hier sein. Aber, und das gab es noch nie, es ist mir relativ egal, ob ich ein paar Tage mehr oder weniger im Krankenhaus bleibe. Ich fühle mich hier wahnsinnig gut aufgehoben.

Die Mitarbeitenden sind alle sowas von empathisch, aufmerksam und freundlich, dass es fast etwas beängstigend ist. Selbst die ärztliche Versorgung lässt keine Wünsche offen. Man nimmt sich Zeit, geht auf meine Bedürfnisse ein, ist verbindlich. Ich kenne so etwas nicht.

Bisher war ich immer im Friedrich-Baur-Institut (gehört zu Großhadern). Dort wurde man behandelt wie ein Mensch zweiter Klasse. Dort wurden leere Versprechungen am laufenden Band abgegeben, alles lief völlig chaotisch ab, nicht mal eine aus medizinischen Gründen absolut notwendige Weichlagerungsmatratze habe ich bekommen. Versprochen wurde es jedes Mal, sogar schriftlich. Geklappt hat es nicht ein einziges Mal. Entlassen musste ich mich grundsätzlich am Wochenende selbst. weil bei jedem Besuch rein zufällig am notorischen Freitag meiner Entlassung „plötzlich“ keine Ärztin und kein Arzt zum Unterzeichnen der Entlassungspapiere mehr im Haus war. Ich müsse bis Montag bleiben. Nicht mit mir. Ich bin vom FBI frustriert.

Es war eine bewusste Entscheidung die Klinik zu wechseln. Und auch diese Entscheidung war absolut richtig. Nie zuvor habe ich mich während eines stationären Aufenthalts so wohl gefühlt. Meine Güte, mehr harte Kritik und übertriebenes Lob kann man kaum in einen Absatz packen. Und dabei war das Lob nicht einmal übertrieben. Die Kritik leider ebenso wenig. Da ist sie wieder, meine Schwarz-Weiß-Denke.

Es geht mir gut.

Ich wünschte, das könnte ich von der Erde auch behaupten. Ist leider nicht der Fall. Wir Menschen haben alles kaputtgemacht.

Ich könnte Kotzen im Strahl, wenn ich die ganzen Vollidioten auf der Klimakonferenz höre. So viel geballte Blödheit und Volksverdummung auf einem Haufen ist zu viel für mich.

Wie kann man nur auf die Idee kommen, die Klimakatastrophe abzuwenden, indem man um die halbe Welt fliegt und ein paar Millionen zahlt? Als ob sich Klimaprobleme durch eine Geldzahlung lösen ließen. Wie viel muss man jemandem ins Hirn scheißen, um so etwas zu glauben? Und es obendrein als „bahnbrechenden Erfolg“ zu verkaufen. Das ist Betrug. Betrug an der Natur, Betrug an der Bevölkerung, Betrug an sich selbst.

Es ist überdies absurd zu behaupten, man bespreche Möglichkeiten, um das 1,5-Grad-Ziel einzuhalten.

Haben unsere Politiker wirklich so wenig Ahnung, dass sie nicht mitbekommen haben, dass wir die 1,5 Grad Erderwärmung Ende Oktober erreicht haben? Messungen durch Satelliten beweisen das. Nichts, worüber man diskutieren könnte. Das ist gemessen. Da gibt es nichts zu besprechen und zu beschließen.

Wir verzeichnen den heißesten Oktober seit 125.000 Jahren. Gemessen. Darauf folgt ein Wintereinbruch mit Schnee und Minusgraden vom Feinsten. Nein, das war vor zwanzig, dreißig Jahren nicht so. Gemessen. Hier geht es nicht um Meinungenund Befindlichkeiten. Der Klimawandel ist real. Er ist menschengemacht. Gemessen. Nicht meine Meinung. Das können die Spinner von der AFD so viel leugnen wie sie wollen. Das ändert an den Tatsachen nichts. Kann man schließlich messen.

Es ist verständlich, dass man der AFD mehr Glauben schenken mag als Messungen der NASA.

Ich rede nicht von Verschwörungstheorien. Zu akzeptieren, dass wir nicht weitermachen können wie bisher, das bedeutet, dass wir unser Verhalten ändern müssen.

Klingt einleuchtend einfach und logisch? Klar. Aber genau das ist der springende Punkt. Es ist nicht Aufgabe der Politik, die Klimaprobleme zu lösen. Das liegt in der Verantwortung eines jeden einzelnen. Und das mag für viele erschreckend wirken.

Dabei gibt es so einfache Möglichkeiten. Ich schreibe darüber vielleicht einen eigenen Beitrag. Nur zwei Dinge erwähne ich. Die bringen mich nämlich direkt zu meinem neuen Projekt, das auch wieder direkt mit Wilderness International zu tun hat. Und so schließt sich der Kreis.

Wer mich lange kennt, wer alte Fotos auf meinem Insta-Account angeschaut hat, wer mir vor zwanzig Jahren auf Facebook gefolgt ist, der kennt meine Leidenschaft für Kulinarik. Doch die hat sich gravierend geändert, seit ich zugelassen habe, mich ernsthaft mit den Folgen meiner Ernährung auseinanderzusetzen. Und die Konsequenzen bereitwillig zu tragen. Du ahnst, was jetzt kommt. Reden wir erst einmal nicht über Tierwohl. Die tierische Landwirtschaft (bei uns 97% Massentierhaltung) verursacht weltweit 15 % aller Treibhausgasemissionen. Das sind mehr, als alle Autos und Flugzeuge zusammen. Gemessen. Nicht meine Meinung. Die logische Konsequenz kann nur sein, dass wir unsere Ernährung umstellen und vollständig auf tierische Produkte verzichten.

Wenn wir nicht mehr so viele Flächen sinnlos verbraten, um Viehfutter anzubauen, können wir so viel geiles Gemüse anbauen, dass es eine echte Alternative zu Fleisch wird. Klar gibt es unzählige vegane Fleischersatzprodukte und die werden auch immer besser. Haben alle ihre Daseinsberechtigung. Ich brauche sie aber nicht. Es gibt so wunderbare vegane Gerichte, die nie etwas mit Fleisch zu tun hatten. Überleg mal, in wie vielen Ländern der Welt sich die Menschen nie Fleisch leisten konnten. Ich liebe zum Beispiel indisches Essen. Ich könnte in Linsen jeglicher Art baden. Okraschoten, auch eine tolle Sache. Kennen viele nicht einmal. Wenn ich zurückdenke, selbst als ich noch Fleisch gegessen habe, wann immer es die Möglichkeit gab, habe ich vegan bestellt. Nicht aus Überzeugung. Sondern einfach, weil es schmeckt.

Wenn wir von Monokulturen weg kommen, dann kommen auch die Insekten zurück. Also, die, die wir nicht schon ausgerottet haben.

Falls du einen Garten hast, überlass mal ein Fleckchen sich selbst. Keinen Rasen mähen, nix anpflanzen, einfach die Natur sich selbst überlassen. Die Natur findet immer einen Weg. Du wirst überrascht sein, was da in kürzester Zeit passiert. Es wird bunt blühen mit Pflanzen, die es bei dir eigentlich nicht gab und es kommt farbenfrohes Getier zurück, das du seit dreißig Jahren nicht gesehen hast. Meine Eltern haben es ausprobiert. Sie müssen mit mir allerhand mitmachen. Das Ergebnis ist so prachtvoll, dass es bleiben durfte. Von schillernden Käfern über riesige Libellen und flauschige Bienen voller Blütenstaub bis hin zu Fledermäusen ist einiges geboten. Besser als Fernsehen.

Das wusstest du bereits? Dann verrate ich dir noch etwas, womit du bestimmt nicht gerechnet hast. Unglaubliche 10% der CO2 Emissionen gehen auf das Konto der Bekleidungsindustrie. Heftig, oder?

Mag ja sein, dass dir der Umstieg auf vegane Ernährung zu radikal ist. Ich habe vierzig Jahre dafür gebraucht und schäme mich dafür. Klamotten so krass zu Lasten der Natur zu produzieren, dafür gibt es aber wirklich so gar keinen Grund. Das ist lächerlich und funktioniert nur, weil sich wenige mit diesem Thema auseinandersetzen.

Dabei ist es problemlos möglich, mit regenerativen Energiequellen zu produzieren. Heutige Solarzellen sind nachhaltig effizienter als jede andere Energiequelle. Gemessen. Keine Meinung. Aber nein. Wir greenwashen lieber Atomkraft und kehren zu antiquierten fossilen Brennstoffen zurück. Wie bescheuert sind wir eigentlich?

Dabei kann man sehr wohl auf die chemische Keule verzichten, um Baumwolle anzubauen. Aber nein, wir verlängern lieber die Zulassung von Glyphosat, das nachweislich – gemessen, keine Meinung – die Insektenwelt zerstört. Und besprechen zum hundertsten Mal, was man gegen das Insektensterben tun kann. Wie bescheuert sind wir eigentlich?

Dabei kann man produzieren, ohne das Wasser zu verseuchen. Durch Aufbereiten des Abwassers in Trinkwasserqualität. Man kann KI nutzen, um „on demand“ zu produzieren und dadurch Ausschuss auf Null zu reduzieren und Ressourcen zu sparen.

Man kann sogar Baumwolle recyclen und daraus neue Kleidungsstücke produzieren.

Dann verkauft man das zu richtig moderaten Preisen. Für jeden verkauften Artikel schützt Wildernis International Regenwald in Peru, der 60 kg CO2 bindet. Und jede und jeder und jedes hat was davon. Die Natur, der Mensch, die Generationen nach uns, einfach alle.

Glaubst du mir nnicht? Bin ja nur ein idealistischer Ökoterrorist?

Klar. Bin ich. Aber schau mal, was ich gemacht habe. Viel Spaß beim Shoppen deiner Weihnachtsgeschenke.

Liebe geht raus.

Dein

shop.paddys.de