Stressiger Tagdienst

Weils so schön ist, starten wir heute mal zur Abwechslung mit einem Zitat meiner selbst.

Manchmal muss ich mich echt zammreißen. wenn ich nachmittags höre „heute habe ich noch gar nichts gegessen“ und mir denke klar, heute früh war dir die Pflege zu stressig also haben wir noch nichts gemacht, weil ich ja „schon“ von 12:15 bis 13:15 Logopädie hatte…

Bilde ich mir das ein? Kommt das nur mir so vor? Oder muss ich mich damit abfinden, dass Pfleger*innen jeden Dienst notorisch stressig finden?

Bitte nicht falsch verstehen. Es gibt Ausnahmen. Selten und äußerst schwer zu finden. Pflegekräfte, die ihren Job ernst nehmen, aufmerksam sind und echtes Verantwortungsbewusstsein zeigen. Denen nehme ich ab, dass sie nach der Schicht kaputt sind. Weil sie gearbeitet haben und ich weiß, wovon ich rede. Ich habe ein Jahr selbst in der Pflege neurologisch kranker gearbeitet. Ich persönlich finde die Arbeit mit einer 14jährigen Schlaganfallpatientin ehrlich gesagt auch nochmal ein Stück anspruchsvoller. Ist aber ein anderes Thema.

Ich habe mir mal wieder insgeheim einen kleinen Test erlaubt. Unethisch, ich weiß. Verklag mich. Falls ich mich irre und es doch einen Gott gibt, wandere ich aber sowieso iin die Hölle. Also los gehts. Was schätzt du? Wie viele Stunden wird eigentlich in einer Zwölfstundenschicht bei mir gearbeitet?

Um das herauszufinden habe ich mir extra einen Tag ausgesucht, an dem mehr Tätigkeiten zu erledigen waren. So kann ich sicher sein, dass im Zweifel auch gerne mal weniger Zeit produktiv aufgewendet wird. Und dann habe ich einfach mal meine Zeiterfassung laufen lassen und dokumentiert, was wann gemacht wurde. Ich bin selbst gespannt, ich habe mir die Zahlen noch nicht angesehen.

Zeitaufwand verrichtete Tätigkeiten
18 Minuten Lagern, Medikamentengabe, Absaugen, Essen
Mundpflege wird regelmäßig vergessen
8 Minuten Rauchen
4 Minuten Maske richten, Absaugen
10 Minuten Maske richten, Absaugen, Lagern
4 Minuten Essen
3 Minuten Inhalation starten
12 Minuten Inhalation beenden, Husten, Absaugen, Nasenspray
42 Minuten Rasieren, Grundpflege
8 Minuten Maske, Kaffee, Absaugen
4 Minuten Maske, Absaugen
8 Minuten Rauchen, Absaugen
2 Minuten Maske
26 Minuten Bett frisch beziehen, Absaugen, Maske
6 Minuten Absaugen, Toilettengang vorbereiten
4 Minuten Absaugen, Nasenspray
36 Minuten Inhalieren, Husten, Absaugen, Stuhlgang
währenddessen Arbeitsflächen „gereinigt“
21 Minuten Dokumentation schreiben
4 Minuten Absaugen
8 Minuten Rauchen
3 Minuten Essen
3 Minuten Absaugen, Müll entsorgen
2 Minuten Übergabe

Um das nochmal ganz klar hervorzuheben, es gibt erfreulicherweise Ausnahmen. Aber das hier ist noch nicht einmal die Regel, sondern schon gehobener Standard.

Und, das muss ich leider auch noch dazu sagen, ständiges Korrigieren der Maske ist normalerweise nicht nötig, wenn man sie einmal gescheit aufsetzen würde. Permanentes Absaugen machen wir eigentlich auch nicht. Aber wenn man bei jedem Maskenwechsel gegen meinen Willen den Kopf hebt, muss man danach eben ständig absaugen. Deswegen will ich das ja nicht. Erst kürzlich habe ich mich dabei verschluckt und Sekret eingeatmet. Die Lungenentzündung war die direkte Folge. Aber wehe man sagt was. Dann sind alle beleidigt, wie die kleinen Kinder. Die offizielle Aussage war, das müsse man so machen, das ginge nicht anders und ich bräuchte eine Kanüle. Nun, meine neuen Schulunggsvideos, die ich noch schneiden muss, sehen das anders. Und wenn er dann wieder Mami anruft weil ich böse zu ihm war, dann kann ich das auch nicht ändern. Hier geht es um meine Gesundheit und im Zweifel um mein Leben.

This said, wie viele Stunden werden denn nun in einer straff durchgetakteten 12-Stunden-Schicht bei mir gearbeitet?

Gute Frage, sag dus mir. Ohne Hände und per Augensteuerung ist ein Taschenrechner nicht bedienbar. Im Kopf komme ich auf weniger als vier Stunden. Das erscheint mir dann doch etwas sehr wenig. Ich rechne vielleicht besser später nochmal nach…