Mich erreichen so viele spannende Fragen, die ich bisher im Stillen mühevoll und liebevoll als private Nachricht beantwortet habe und das ist auch gut so. Das werde ich beibehalten. Doch nicht selten denke ich mir im Nachgang oder wie gestern bei diesen drei bzw. vier Fragen, wieso „nur“ als pm? Wäre es nicht schön, wenn alle etwas davon hätten?
Interesse an Themen rund um die Versorgung von ALS Kranken ist da. Das sehe ich anhand der Zugriffszahlen und der Verweildauer auf diesen Artikeln dazu in meinem Blog. Ich wünschte die Wären auch bei meinen Berichten zum Naturschutz und besonders zum Tierschutz so hoch. Aber das Leben ist kein Wunschkonzert. Ganz besonders interessant scheint dagegen alles zu sein, was mit Pflegefehlern oder allgemeiner gesprochen mit Problemen in der Versorgung zu tun hat. Das finde ich fast ein bisschen schade, denn der Grat zwischen argumentativ begründeter persönlicher Enttäuschung und pauschalisierter Schmähkritik „am System“ ist schmal. Sehr schmal.
Ich bewege mich oft an der Grenze, nicht selten von der falschen Seite. Aber ich berichte hier von meinen ureigenen Erfahrung, da bleibt das nicht aus. Außerdem habe ich mehrere Unternehmen erfolgreich aufgebaut, Mitarbeitende geführt usw. Soll heißen, ich weiß, wie man ordentlich plant und organisiert. Und nicht zuletzt habe ich zumindest mal in der Pflege auf einer neurologischen Station gearbeitet und weiß, wie das ist. Einfach für Geist und Seele ist das nicht. Wenn ich also Kritik „am System“ ausübe, so ist diese wohlüberlegt. Ich sage nicht, ich könnte das besser machen. Ich sage, ich habe es besser gemacht.
Wo waren wir gleich wieder? Bei den hohen Klickzahlen zu Berichten rund um Probleme in der medizinischen Versorgung, richtig. Wir Menschen sind halt doch schlicht und einfach geil auf schlechte Sensationen. Ob das unsere Schuld ist? Als Mensch in der Gesamtheit denke ich nicht. Jeder einzelne für sich, spannende Frage. Aber nicht die, die mir eine gute Freundin heute gestellt hat. 😉
Grob zur Einordnung, ich habe ihr kürzlich gesagt, dass ich nicht mehr zu meinen Kontrollterminen für die Heimbeatmung gehe. Das Ganze steht wohl unter dem Fachbegriff WEANING. Ich habe keinen Schimmer, was das bedeutet und warum alle Buchstaben groß geschrieben werden. Vielleicht ist es eine Abkürzung für etwas besonders Kompliziertes, das ich sowieso nicht verstehen würde. Oder es soll die Wichtigkeit des Verfahrens in dieser Art der Durchführung, so und nicht anders, unterstreichen, die ich genauso wenig verstehe. Ich hätte fragen können, doch das hätte ein Mindestmaß an Interesse vorausgesetzt. Du merkst schon, Fragen über Fragen. Kommen wir also zu den Fragen.
„Darf ich fragen a) was da alles gemacht werden würde.. und b) weshalb du nicht hingehst und c) gibt es keine Möglichkeit für Hausbesuche? 😘✌🏼“
Klar darfst du fragen, du bekommst sogar Antworten. 😊
A) Drei Nächte Kapnometrie und BGA (Blutgasanalyse), um zu dokumentieren, dass alles in Ordnung bzw. irgendwas auf Patientenwunsch geändert wurde. Die von mir errechneten Einstellungen lieferten bisher jedes Mal bessere Blutgaswerte als das, was die „Experten“ einstellen wollten. Ist mir ein Rätsel, wieso man nicht generell erstmal das einstellt, womit sich der Patient wohl fühlt und dann ne Kap macht. Aber vermutlich gäbe es dann keinen Grund drei Tage Intensiv stationär abzurechnen.
B) Muss nämlich alle drei Monate gemacht werden. Mit Transport und Allem bin ich jedes Mal zwei Wochen nicht zu gebrauchen und fühl mich sechs Monate älter.
C) Hausbesuche scheitern am Kapnometer. Die Dinger sind irre teuer. Ich befasse mich schon länger damit, weil mir das Thema auf den Sack geht. Aktuell habe ich das Bedürfnis, den Druck beim Einatmen zu erhöhen. Das Einatmungsvolumen ist mir zu gering, was zu schlechter Zirkulation führt und das wiederum führt zu einer Anreicherung von CO2 im Blut. Das merke ich am Gefühl in den Fingern, ich wette 100 € mit 1:10, dass das so ist. Aber jeder Arzt fragt erfahrungsgemäß erstmal, ob ich tagsüber müde bin – nein, ich kann problemlos bis nachts um 3 Uhr aktiv sein und komme mit 7,5 Stunden Schlaf aus. Die Werte an der Maschine sind im festgelegten Soll Bereich. Mag ja sein, dann muss der Soll Bereich an gepasst werden. Nur darf dummerweise niemand die Parameter ändern. Ich hätte es längst selbst gemacht, aber na ja.. ☹
Info am Rande: habe mich die letzten Tage nochmal völlig abgeschottet, „offline“ gelebt und die Zeit mit meiner Schwester genossen, die aus Spanien zu Besuch war. Das hat so gut getan. Ich schlafe wieder. Ein paar Nächte habe ich sogar 6 Stunden durchgeschlafen und bin nicht einmal beim Lagern aufgewacht. Und wenn ich beim Lagern aufwache, schlafe ich in zwei drei Minuten wieder ein. Und ich glaube, das liegt tatsächlich zu einem großen Teil an meiner Winterdecke. Seit ich die wieder nutze (auch tagsüber) fühle ich mich insgesamt deutlich besser und ich hatte seitdem keine Panik mehr. Vielleicht bilde ich mir das nur ein und es ist ein Zufall.
Zurück zur Kap. Ich werde mir wahrscheinlich ein SenTec V-Sign kaufen. Kasse wird die schlappen 14.000 € dafür wohl nicht übernehmen, die sind so hohl, nach deren „Wirtschaftlichkeitsprinzip“ ist es sinnvoller, mir alle drei Monate einen stationären Aufenthalt zu bezahlen und zu hoffen, das ich vor dem nächsten Termin sterbe. Und eine medizinische Notwendigkeit besteht ja nicht. Ich bin nicht müde und die Atemparameter sind im Normbereich. Letztendlich ist es mir auch egal. Ich habe letztes Jahr mehr als das Doppelte für meine Krankenhausaufenthalte zuzahlen müssen, für das Geld kaufe ich mir lieber cooles Spielzeug. So könnte ich eigenmächtig die Beatmungsparameter ändern (lassen), drei Nächte plus wie lange es eben dauert, um ideale Blutgaswerte zu erzielen die Kapnometrie protokollieren lassen – und wenn alles passt kommt mein Lungenfacharzt zum Überprüfen und ggf. Erstellen einer neuen Verordnung für die Beatmung. Der muss sowieso dank Spahn und Lauterbach alle neun Monate kommen und der Krankenkasse zu beweisen, dass ich nicht plötzlich wieder spontanatmen kann. Eigentlich alle sechs Monate, aber rein rechnerisch gibt es gar nicht genügend hierfür speziell zugelassene Ärzte und so drückt der Gesetzgeber ein Auge zu.
Seit #RISG und #IPReG glaubt man ALS Patient*innen versorgenden Hausärzten und -ärztinnen nicht mehr, dass eine Entwöhnung von der Beatmung möglich ist. Auch bei diesem alle drei Monate vorgesehenen Beatmungskontrolltermin bekommt man keine Verordnung der außerklinischen häuslichen) 1:1 Intensivpflege, dann „das ist nicht unsere Aufgabe“.
Insofern… ich gebe keiner Klinik Geld für so einen Blödsinn. #noRISG #noIPReG