Wie so oft inspiriert mich eine Foto von Mama dazu, ein altes Bild auszugraben. Sie hat einen halb vertrockneten Rosenkäfers von meinem Balkon gerettet und schrieb dazu im Family-Chat „Ich hatte nur was Glänzendes auf dem Boden gesehen und dachte zuerst es wäre ein Kronkorken. Als ich es aufheben wollte, sah ich das es ein Käfer war. Ich hab’s auf ein Blatt Küchenpapier getan, ein paar Wasserspritzen gegeben und tatsächlich bewegte sich was wieder😊Dann habe ich ihn runtergebracht zum 🪴.“
Hoffentlich ist das überhaupt ein Rosenkäfer. Der ist ganz schön kaputt. Erst dachte ich an einen Mistkäfer. Beim Vergrößern erst fiel mir der unterschiedliche Körperbau auf. Also, falls ich mich irre, bitte in die Kommentare schreiben. Falls ich recht habe, auch.
Rosenkäfer sind bekannt für ihre metallisch glänzenden Körper, die oft in Farben wie Gold, Grün, Blau oder Bronze schimmern. Dieser Glanz entsteht nicht durch Pigmente, sondern durch die mikroskopischen Strukturen ihrer Chitin-Panzer, die das Licht brechen und reflektieren – ein Phänomen, das als Strukturfarbe bekannt ist. Obwohl sie leuchten wie kleine Edelsteine, sind Rosenkäfer in ihrer Umgebung erstaunlich gut getarnt. Ihr metallischer Glanz bricht das Licht auf eine Weise, die sie mit der Umgebung verschmelzen lässt – eine Art natürlicher Tarnkappe. Die Technik erinnert mich an jene moderner Tarnkappenbomber, die weder mit Radargeräten noch mit dem bloßen Himmel erkennbar sind.
Anders als viele andere Käfer können Rosenkäfer fliegen, ohne ihre Deckflügel (Elytren) zu heben. Stattdessen öffnen sie nur ein kleines Spalt, durch den ihre Flügel ausfahren. Diese effiziente Technik macht sie zu außergewöhnlich schnellen und geschickten Fliegern.
Rosenkäferlarven sind Meister der Zersetzung: Sie leben in verrottendem Holz, Komposthaufen oder Dung und helfen dabei, organisches Material in Nährstoffe für Pflanzen umzuwandeln. Diese Käfer leisten damit einen wertvollen Beitrag zum Ökosystem, indem sie natürliche Abfallstoffe abbauen. Nach der Paarung legen die Weibchen ihre Eier in verrottendem Holz oder Kompost, wo die Larven ideale Bedingungen finden. Die Larven des Rosenkäfers können ziemlich groß werden – bis zu 6 cm lang. Sie haben eine charakteristische C-Form und bewegen sich oft auf dem Rücken fort, da ihre Beine eher kurz und nicht für weite Wege gemacht sind. Ein Rosenkäfer lebt im Erwachsenenstadium nur wenige Monate, aber die Larvenphase kann bis zu zwei Jahre dauern. Während dieser Zeit leisten sie ihre wichtige Arbeit als Zersetzer.
Die kleinen Tierchen sind echte Naschkatzen: Sie ernähren sich hauptsächlich von süßen Pflanzensäften, Nektar und Blütenpollen. Sie sind häufig auf Rosen und anderen Blütenpflanzen zu finden, was ihnen ihren Namen eingebracht hat. Doch wie so viele Insekten stehen auch sie unter Druck durch den Verlust natürlicher Lebensräume, insbesondere durch die Abholzung alter Wälder und den Rückgang von Komposthaufen in der modernen Landwirtschaft. Einige Arten, wie der Goldene Rosenkäfer, gelten in bestimmten Regionen als gefährdet. Dabei sind sie nicht nur wunderschön anzusehen, sondern auch essenzielle Helfer für unser Ökosystem.
Und was ist mit dem Mistkäfer? Nun, heute erzähle ich dir meine Geschichte vom Mistkäfer. Einst in jeder Ecke Deutschlands zu finden, steht auch er heute – Überraschung – als stark gefährdet in der Roten Liste der vom aussterben bedrohten Tiere. Warum das so ist, dazu gibt es kaum valide Studien. Zumindest ist mir keine direkt für den gemeinen Mistkäfer (Geotrupes stercorarius) bekannt. Es interessiert ja doch kaum jemanden. Dabei ist dieses kleine in den wildesten Perlmutfarben schillernde Wunderwerk doch so so wichtig für die Natur. Und für uns. Keine Art auf der Erde braucht uns, aber wir brauchen zum Überleben ein ökologisches Gleichgewicht und das braucht den Mistkäfer.
Genau wie Haie die Müllabfuhr der Meere sind, ist der Mistkäfer die Müllabfuhr der Erdflächen. Er kann Mist auf weite Strecken riechen und rennt zielstrebig los, um seine Dienste zu verrichten. Pferdeapfel riecht er auf mehrere Kilometer. Der Mistkäfer findet diesen Geruch so anziehend, dass er gar nicht anders kann als loszupurten, um Mist, Dung, nenn es wie du möchtest, die Scheiße abzutragen, Kügelchen zu bauen und auf dem Weg quasi natürlichen Dünger überall zu verteilen. Diese Scheißeblllchen können ziemlich groß werden. In der Tat kann der Mistkäfer mehr als das Tausendfache seines eigenen Gewichts tragen. Das ist viel mehr, als Ameisen tragen können.
Nur, wenn Wanderer oder Radfahrer drüber walzen, bringt ihnen das nichts. Dann werden sie von ihren Artgenossen gegessen. Etwas kannibalistisch nach menschlichem Maßstab, den darf man aber bei Tieren nicht ansetzen. Das Tierreich funktioniert anders und unserer Sprachgebrauch funktioniert im Tierreich nicht. Es ist einfach eine effektive Müllabfuhr von Wald und Flur. Ohne Kontakt zum Menschen leben sie drei Jahre.
Der Kontakt zum Menschen. Das ist so eine Sache. Früher gab es richtigen echten Wald mit viel Leben. Wilde Tiere, die überall ihr Geschäft verrichteten. Ein Paradies, goldene Zeiten für meine kleinen Käferchen. Als der Mensch begann, Bodenflächen zu kultivieren und Vieh zu halten. Auf den Weideflächen war der Mistkäfer der gern gesehene Helfer, der für die Verteilung des natürlichen Düngers (Dung) sorgte. So wurden Erkrankungen der „Nutztiere vermieden, wichtige Nährstoffe in den ökologischen Kreislauf wiedereingebracht, sodass die Faune florieren konnten. Florieren. Was ein schönes Wort. Und so treffend.
Dann kam die Industrialisierung. Für alle, die in der Schule nicht aufgepasst haben, das war vor siebzig Jahren erst, so um 1950. Und das bedeutet für Tiere wie den Mistkäfer „habitat loss“, Verlust von Lebensraum. Dafür brauche ich keine Studie. Das ist offensichtlich.