persönlicher Aufschrei gegen den Pflegenotstand in der außerklinischen 1:1-Versorgung
Ein Erfahrungsbericht, der betroffen macht
Stell dir vor, du bist auf Hilfe angewiesen – und plötzlich steht ein neuer Pfleger oder eine neue Pflegerin vor dir, kaum eingearbeitet, unsicher, überfordert. Die Einweisung? Vielleicht ein Tag, eine Stunde, wenn überhaupt. Die Dokumentation? Liegt zwar vor, wird aber nicht gelesen. Die Folgen? Schmerz, Angst, Hilflosigkeit – und das Gefühl, deiner eigenen Stimme beraubt zu sein.
Wenn Einarbeitung zur Nebensache wird
Du brauchst Unterstützung, aber dein Sprachcomputer wird dir genommen, alternative Kommunikationswege werden ignoriert. Die Pflegekraft weiß nicht, wie sie mit dir sprechen soll, fragt nicht nach, handelt einfach. Das Ergebnis: Panikattacken, falsche Medikation, stundenlange Schmerzen, weil niemand den Mut hat, Verantwortung zu übernehmen oder die Augenärztin zu kontaktieren. Die Übergabe? Fehlanzeige. Der nächste Dienst weiß von nichts.
Grundpflege im Schnelldurchlauf
- Waschlappen, Duschgel, Wasser? Fehlanzeige – ein paar Feuchttücher müssen reichen.
- Rücken und Achseln? Werden einfach vergessen.
- T-Shirt wechseln? Nicht der Rede wert. Wo sind die überhaupt?
- Steriles Absaugen? In Negativ-Rekordzeit, aber immerhin in Rücksicht auf Sicherheit.
- Mund und Rachen absaugen: nicht trivial bei einem ALS Patienten mit Spastik der Kiefermuskulatur. Will sagen, meinen Mund zum Absaugen zu Öffnen hätte ausprobiert und gelernt werden müssen. Die Folge fehlender Einarbeitung: Ich wurde 12 Stunden nicht oral abgesaugt.
- Medikamente? Nur, wenn du selbst darauf bestehst.
- Verbandslinse gegen die höllischen Schmerzen eines Hornhaut Risses, Kontaktlinse mit Sehstärke damit ich was sehe, ach, wer weiß das schon so genau. Hauptsache sie fliegt bei der Pflege raus und kann nicht wieder eingesetzt werden. Weil es kaum jemand kann und kaum jemand Hilfe ruft. Niemand. Erst am nächsten Tag.
- Lagerung? Stundenlang in derselben Position, Druckstellen inklusive.
- Mundpflege? Ein Witz – zwei trockene Stäbchen, 40 Sekunden, fertig.
Überforderung und Unwissen – Alltag in der 1:1-Versorgung
Die Überforderung der Pflegekräfte ist offensichtlich. Sie wissen nicht, wo Materialien stehen, wie Medikamente verabreicht werden oder wie sie mit Notfällen umgehen sollen. Die Unsicherheit ist allgegenwärtig – und sie wird auf deinem Rücken ausgetragen.
An der Stelle sei betont es liegt nicht an den Pflegekräften. Woher soll Sicherheit bei dem was sie tun kommen, wenn sie das was sie tun zum ersten Mal tun? Und niemand da ist, um auf Fehler hinzuweisen. Pflegekräfte ohne Einarbeitung zum Patienten zu schicken ist schlicht und ergreifend grob fahrlässig vom Pflegedienst. Wer haftet eigentlich, wenn da etwas schief läuft?
Ich finde es schon reichlich absurd Diskussionen über meine „potenziell gefährliche“ Schmerzmedikation führen zu müssen, wieder und wieder; während wir Pflegekräfte ohne Einarbeitung oder ohne ausreichende Qualifikation zu mir schicken, die nach dem Husten vergessen, mich wieder an die Beatmung anzuschließen. Wieder und wieder.
Systemversagen durch Pflegenotstand und Bürokratie
Der Pflegenotstand ist längst nicht mehr zu übersehen, vor allem nicht in der außerklinischen 1:1-Versorgung. Die Personaldecke ist dünn, die Einarbeitung mangelhaft, die Fluktuation hoch. Das Risiko für dich und andere Betroffene steigt – und mit dem RISG (Reha- und Intensivpflege-Stärkungsgesetz) sowie dem IPReG (Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetz) droht die Situation weiter zu eskalieren. Statt die Versorgung zu verbessern, werden bürokratische Hürden aufgebaut, die die individuelle Betreuung erschweren und deine Eigenständigkeit gefährden.
Und wieder ein Schlag der Politik mitten ins Gesicht schwerstkranker Intensivpflegebedürftiger.
Während uns der selbstverliebt arrogante damals Gesundheitsminister Jens Spahn die Leistungen bis zum Geht-nicht-mehr kürzt und die häusliche Versorgung am liebsten abschaffen würde einerseits…
verbrennt derselbe Jens Spahn Milliarden über Milliarden in seinem Masken Skandal. Millionenschwere Provisionen für Mitglieder des CDU/CSU Freundeskreis inklusive. Was für ein hinterfotziges… Jens Spahn gehört hinter Gitter für seine Taten, nicht ins Kanzleramt für das er sicher kandidieren wird (rechtlicher Hinweis: persönliche Meinung).
Wie kann es sein, dass es nicht einmal einen Untersuchungsausschuss gibt? Die Politik in Deutschland ist geradezu lächerlich geworden.
Ein Appell an dich, die Politik und die Gesellschaft
Es reicht nicht, engagierte Pflegekräfte ins kalte Wasser zu werfen und zu hoffen, dass sie schwimmen lernen. Es braucht:
- Fundierte Einarbeitung und kontinuierliche Weiterbildung
- Verbindliche Standards für die außerklinische Intensivpflege
- Wertschätzung und faire Bezahlung für Pflegekräfte
- Weniger Bürokratie, mehr Menschlichkeit
- Einbindung der Betroffenen in alle Entscheidungen
Pflege darf für dich nicht zur Belastungsprobe werden
Dieser Erfahrungsbericht ist kein Einzelfall. Er steht für viele, die tagtäglich unter den Folgen des Pflegenotstands leiden. Es ist Zeit, dass wir hinschauen, zuhören und handeln – bevor noch mehr Menschen ihre Stimme verlieren.
„Es ist immer wieder das Gleiche. Entweder müssen die Leute die Dokumentation lesen – das tun sie aber nicht. Oder sie müssen ordentlich eingearbeitet werden und idealerweise trotzdem die Dokumentation lesen. Ich mein, wofür setzt du dich als Teamleiter Stunden und Tage und Wochen hin, um eine Dokumentation zu erstellen, wenn am Ende nicht einmal das gelesen wird?“