Schönen Montagmorgen. Ursprünglich war dieser Beitrag gar nicht für meinen Blog gedacht. Ich habe vorgestern Abend die Premiere der aktuellen Dokumentation „Mission Europa“ von Robert Marc Lehmann gesehen. Geht um Hühner. Wie treffend, dass ich Fördermitglied bei Rettet das Huhn e. V. bin. Die retten Legehennen aus der Maschinerie und geben ihnen ein neues Zuhause. So was mag ich. Es ist ja bekannt, dass die Bedingungen in der in der Massentierhaltung katastroophal sind.
Die bewegten Bilder bewegen. Unwürdig, schlimm, gewerbsmäßige Tierquälerei. Such dir eins aus. Meine Einstellung zu Eiern und Milchprodukten hat sich solcher Geschichten wegen vor Jahren schon gewandelt. Wenn es schon mal ein Ei gab, dann doch bitte vom Bauern. Wenn es dann doch mal etwas aus dem Supermarkt sein muss, dann aus Freilandhaltung. Am liebsten Bio-Eier. Da habe ich aber irgendwann mal gelesen, dass die Freilauffläche kaum größer ist als bei konventioneller Freilandhaltung. Und was man unter „Bio“ versteht, ist ja auch so bissl Interpretationssache. Meine Vorstellung von „Bio“ ist sicherlich eine andere als die von Tönnies, Deutschlands größtem Bio-Schlachtbetrieb.. Die positionieren sich auf der Seite des ganz offensichtlich von der Fleisch-Lobby in Zaum gehaltenen Gesetzgebers. Bio ist keine Frage der Schlachtung und Verarbeitung, sondern der Tierhaltung. Na, dann. Oh Mann Frau Divers, wass für… ich über Hühner sprechen.
Spoiler: Die Freilauffläche einer Legehenne ist bei Bio-Eiern identisch derer bei Freilandhaltung.
Also weiter im Klartext. Die Bilder aus der Reportage sind schlimm. Brauchen wir nicht drüber sprechen. Was mich viel mehr irritiert hat, das war Roberts fast schon beiläufiger Kommentar „Freilandhaltung“.
Das muss ein Irrtum sein, denke ich. Robert macht aber keine Fehler. Nicht bei so etwas. Kann sich auch so vermutlich nicht vor Morddrohungen retten. Jetzt stell dir vor, er hätte einen Bodenhaltungsstall als Freilandhaltungsstall bezeichnet. Nicht auszudenken.
Weil ich ja bekanntlich nicht auf „Glauben“ stehe, was macht der Besserwisser? Ich lese im Gesetz nach, wie groß denn nun so ein Stall sein muss. Steht ja alles drin im Gesetz. Und was ich auf den Seiten der Bundesregierung gefunden habe, bestätigt leider die Bilder, die du gleich sehen wirst.
- In der konventionellen Legehennenhaltung sind nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung bei der Boden- oder Freilandhaltung maximal neun Hennen pro Quadratmeter Stallfläche zulässig. Darüber hinaus gibt das Marktordnungsrecht (Verordnung (EG Nr.589/2008) vor, pro Legehenne mindestens vier Quadratmeter Auslauffläche zur Verfügung zustellen.
- Verordnung (EG) Nr. 589/2008 bestimmt zudem für Freilandhaltung, dass pro Henne im Minimum 2,5 Quadratmeter Auslauffläche im Freien verfügbar sein müssen. Der Zugang dazu muss jedoch nur einmal alle 16 Wochen unbeschränkt gewährt werden. Hä?
Hab ich mir nicht ausgedacht. Das ist geltendes deutsches Recht. Also, fquasi. Das is ne EG Verordnung, kein Gesetz und schon gar kein nationales. Wie dem auch sei, der Vorzeigebetrieb aus der Reportage hält sich an diese Bestimmungen. Umso trauriger.
Und überhaupt. Wie schizophren ist das denn eigentlich, dass wir zwei verschiedene Tierschutzgesetze haben? Eins für die „guten“ Tiere, die wir gern haben. Und eines für die Scheißtiere, die wir nur zum Fressen gern haben. Vom Rest ihres jämmerlichen Dahinsiechen wollen wir am liebsten nichts wissen. Ich finde das echt schräg. Staatlich angeordneter Speziezismus. Aber vom Feinsten.
Ich habe einige Bilder aus der Reportage von Mission Erde bei Facebook in eine Galerie gestellt und kommentiert. Hat mich viele Stunden gekostet.
Ich habe einige Bilder aus der Kollektion von Mission Erde bei Facebook als Collage geposte, mit mir als T-Shirt Model. Bäm! Als ich aufwache, habe ich über 30 Herzchen Likes, Kommentare und Nachrichten im Messenger. Ich hatte noch nicht mal Kaffee getrunken und ihr liebt schon um die Wette. Ist ja auch ein feines Teil, dieses nachhaltigste T-Shirt der Welt.
Zurück zu meinem Beitrag mit viel ergreifenderen Bildern, mit Inhalt, mit Gehalt. Echtem, wertvollem Content, sagt man dazu wohl heute. Schon klar. Die 40 Sekunden Lachnummer ist einfacher verdaut als zu sehen, wo das sonntägliche Frühstücksei seinen Ursprung hat, also, ich meine das Ei, das du gerade verdaust. Aber bitte. Really?
C’mon. Ein fucking Like? Und das ist zufällig auch noch von meiner Freundin. Die tickt zwar ähnlich, hat mindestens so ne Vollmeise wie ich (ist immerhin mit mir zusammen) und vergibt keine Mitleids-Likes, trotzdem. Ist es wirklich so unbequem, über die Herkunft seines Essens nachzudenken?
Also gut. Ich versuche es einfach nochmal. Wer sich auf meinen Blog verirrt, hat mehr Zeit im Gepäck. Hoffe ich. Sitzt du bequem am Frühstückstisch? Gut. Tu dir das nicht nicht an. Die Regel ist das. Nicht die Ausnahme. Ein deutscher Vorzeigebetrieb, der die Auflagen für Freilandhaltung erfüllt. Was das für dich bedeutet? 🐓 🐣 🍳
Kannst nur du entscheiden. 🫀 🫶🏻 Aber du sollst es wissen. 🎓
🍃 Film: https://www.youtube.com/watch?v=4i1YbzfYwk0
🍃 Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=daXuaHSVTww
🍃 Teasr: : https://www.youtube.com/shorts/ewTcSstH9LU
Ob ich das Bildmaterial verwenden darf? Vermutlich nicht. Habe gestern 500,- € an an die Lebenshöfe & Co. aus Roberts Livestream gespendet. Heiligt der Zweck die Mittel? Vermutlich nicht. Aber vielleicht darf ich die Strafe ja spenden.
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Ab und zu liegt zwischen den Eiern auch mal ein totes Huhn. Die Förderbänder für Kot, Eier und Futter halten nicht für Tiere. Unter ständigem psychischen Stress kommt es zu Gewalt. Verlieren tut am Ende jeder. Hier gewinnt niemand. Nicht einmal der Mensch.
Wer ausrutscht oder geschubst wird, verliert. Wer mit den Krallen hängen bleibt, verliert. Gitterstäbe und „Nester“ garantieren einen stundenlangen, qualvollen Erstickungstod.
Der Kloakenvorfall. Diese Art zu sterben hat ihren eigenen Namen. Die Muskulatur der Legehennen erschlafft und rotes Gewebe hängt aus der Kloake. Die Kloake ist die hintere Körperöffnung, aus der Scheiße und Eier kommen. Hühner reagieren übersensibel auf die Farbe rot. Aus Neugier picken sie auf der Wunde rum und fügen dem Artgenossen lebensbedrohende Verletzungen zu. Und ziehen mitunter den Darm raus. Passiert in jedem Stall zu Dutzenden. Jeden Tag. Tag für Tag.
Hühner fasziniert dir Farbe rot so sehr, dass sie an Toten und Verwundeten rumpicken. Delfine ficken tote Delfine, der Rackelhahn reisst seinen Kopulationspartnerm vor dem Akt in Stücke, Spinnen sind für Kanibalismus bekannt, Legehennen picken an ihren Verstorbenen. So ist das eben im Tierreich. Mit nur nur einem Unterschied. Wenn der Mensch seine Finger im Spiel hat, gibt es zu viele Tote. Und man kommt an Bilder wie dieses. Ich schäme mich, ein Mensch zu sein.
Ein ganz normaler Montag. Siebzehn qualvoll verendete Legehennen werden wenig würdevoll mit dem Lastenfahrrad entsorgt. Als kämen sie frisch aus der Gaskammer.
4-5g Kalzium brauchen Legehennen jeden Tag. Weil sie so viele Eier legen müssen. In freier Wildbahn lägen sie zehn, vielleicht fünfzehn Eier im Jahr. Das ist sogar für Bio-Bauernhöfe zu wenig. Legehennen produzieren daher 300 Eier im Jahr. Sie können so viel Kalzium nicht aus der Nahrung aufnehmen und zersetzen dann sogar die eigenen Knochen. Deshalb erleiden viele Knochenbrüche. Oder die Schale platzt im eigenen Körper.
Das Ei ist noch gut. Das Huhn, eher so mittel. Taugt nur noch als Suppenhuhn. Flietbandarbeit zwischen Kot und Legefutter-Futterkette hat ihren Preis. Produzieren, bis zum Verrecken für unser Sonntags-Ei. Wörtlich. Verrecken.
Das ist das Gegenteil von Leben. Der lebendige Tod. Nicht der Landwirte wegen. Nein. Die sind gefangen im System.
Einzig und allein deshalb, weil wir es kaufen. Tun wir.
Oder verzichtest du auf Eis, Pudding, Kuchen und Gebäck? Die Vanillesauce zur Dampfnudel, der klassischen Hüttn-Speis für Tierfreunde. Blanker Sarkasmus.
Du stehst nicht so auf Süßes? Woher stammen wohl die Spaghetti Carbonara meines Lieblingsitalieners und die Parade deiner Gemüsebällchen? Majo, Hollandaise, Semmeln und Hörnchen enthalten auch oft Ei. Hamburger (nicht die, die in zehn Jahren ersaufen), Fleischpflanzerl, Kaiserschmarrn sowieso. Sogar in vegetarischen Wurstersatzprodukten steckt Ei. Wetten, bei Pommes, Kartoffelpüree, Salatdressing schaust du in Zukunft auf die Zutaten, nachdem du das nächste Foto gesehen hast? Das doch scheiße.
Freilandhaltung. In Deutschland. I kid you not. Das ist unser Gesetz. Weil wir glauben, wir hätten das gottgegebene Recht auf unser gottverdammtes Frühstücks-Ei. Oder was.
Frei. Land. Haltung.
Frei. Deutsch. Land. Haltung.
Robert Marc Lehmann. Er war für uns dort. Damit wir unsere Augen öffnen können und begreifen, was es bedeutet, Eier zu essen.
Schaut mal bei ihm vorbei und unterstützt ihn. Ist ein guter Mann. Und attraktiv.
Liebe geht raus. ❤️
Apropos Liebe. Wenn du da unten auf das Herz klickst weiß ich, dass dir das Thema nicht an der Kloake vorbeigeht. Würde mich freuen, in dieser ansonsten so tristen Welt.