Dieser Artikel ist Teil einer Beitragsreihe.

Über viele Dinge habe ich mir in den letzten Tagen ernsthaft Gedanken gemacht. Also speziell zum Thema Trachealkanüle meine ich.

Nachdenken tu ich ja die ganze Zeit über irgendwas. Wenn ich nichts tue, brennt bei mir irgendwas durch. Ich kann super „nichts“ tun im Sinne von bewusst Musik hören, bewusst Dösen oder Schlafen. Am besten geht das natürlich, nachdem ich was geraucht habe. Aber selbst dabei erwische mich dabei, gedanklich abzudriften und über schmelzende Pole und die CO2-Bilanz industrieller Tierhaltung nachzudenken oder gedanklich irgendwelche Rechtsfälle aus dem Büro vorzubereiten. Während der täglichen Grundpflege höre ich Musik und Nachrichten, bearbeite die Anfragen meiner Kollegen, erledige etwaige Medikamenten- und Hilfsmittelbestellungen und währenddessen schreibe ich an meinem Buch weiter.

Hauptsache in Bewegung bleiben. Je immobiler ich physisch werde, desto agiler werde ich im Kopf, das Gefühl schleicht sich bei mir ein. Es klingt übelst überheblich, wenn ich das so sage, aber ich fühle mich zunehmend geistig unterfordert. Ich sag nur so viel: Ich suche keine Ablenkung vom Alltag. Ich mag meinen Alltag. Durch Erzählungen von Dingen, für die ich kein Interesse zeige, lenkst du mich sowieso von gar nichts ab. Wenn du mich also schon abhältst von anderen Dingen, die mir Spaß machen, dann erzähl mir wenigstens was, das ich noch nicht weiß. Auf Wiederholungen steh ich nämlich gar nicht.

Ohne mich selbst wiederholen zu wollen, im letzten Beitrag erwähnte ich, dass ich noch zwei interessante Argumente pro PEG auf Lager hätte. Nun habe ich derer sogar drei. Also steigen wir doch da direkt mal ein, bevor ich mich endgültig in Geschwafel verzettel. Also alles einsteigen und gut festhalten. Wir starten gleich mal mit so richtig hartem Tobak.

Ein Leben im Bett hat keine Lebensqualität.

Statement der Pflegebeauftragten meines Pflegedienstes
  • Ich könne wieder ohne Atmungsprobleme sitzen.

    Ich könne endlich wieder in den Biergarten und am Schreibtisch arbeiten.

    Und ich könne mal in den Rollstuhl mobilisiert und auf den Balkon geschoben werden, denn ein Leben im Bett habe keine Lebensqualität.

    Wurde mir so gesagt von der Pflegeberaterin meines Pflegedienstes. Und da wird es zum ersten Mal interessant. Darüber kann man zumindest mal Nachdenken. Nachdenk… erledigt. Was bitte soll ich im Biergarten? Den Gästen zusehen, wie sie köstliches Helles vom Fass schlürfen und pompös essen, was früher mit Abstand eine meiner liebsten Beschäftigungen war? Ja nee, is klar.

    Was das Arbeiten angeht, wieso sollte ich mir das Leben unnötig schwer machen? Ich arbeite in meiner Wohlfühlzone, könnte man sagen. Zwölf Stunden und mehr kann ich in dieser Position arbeiten und Geld verdienen, damit wir alle hier so ein chilliges Leben haben, das wir alle genießen. Können wir bitte mal für einen Tag nur sämtliche Versuche, etwas perfekt funktionierendes „optimieren“ zu wollen, sein lassen? Das ist auf Dauer echt frustrierend.

    Interessant zu wissen wäre indes durchaus, ob die Grundaussage überhaupt stimmt. Ich bezweifle das ehrlich gesagt. Im Sitzen drückt unweigerlich die Masse meines Oberkörpers auf die Lunge. Und die von meinem Dickschädel, die ebenfalls, was im Zweifel nicht weniger schlimm ist. Jedenfalls erschwert dieser Druck von Außen die Atmung erheblich. Mein gesunder Menschenverstand sagt mir, dass es keinen Unterschied macht, wo die Atemluft herkommt. Dem Druck auf der Lunge ist ziemlich Latte, ob Kanüle oder Maske die Quelle ist. Aber, um den Deckel drauf zu machen, es wäre selbst im Falle des Erfolgs ohne Konsequenzen und somit ineffektiv. Und sich überhaupt damit zu beschäftigen, erscheint aus diesem Blickwinkel dann schon ineffizient. Zwei Dinge, die einfach nicht meins sind.

    Und dann wäre da noch ein kleiner Nebensatz, den ich fast unterschlagen hätte. Bist du auch drüber gestolpert und musstest zweimal lesen? Es ist leider kein Scherz. Das wurde mir wirklich so ins Gesicht gesagt. Empathie gleich Null. Anstand und Höflichkeit Fehlanzeige. Bei so viel Scheiße kommentiere nicht einmal ich noch irgendwas. Die Aussage aus dem Zitat dort oben steht für sich selbst:

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