Drei Fragezeichen

Zurück in die Vergangenheit, Teil eins. Fortsetzung wird folgen. Zu umfangreich, der Fragenkatalog, den die AOK mir geschickt hat. Also, eigentlich nicht als solches, aber die befragten Themen sind nun einmal so vielschichtig und komplex, ich könnte beim Antworten fast schon philosophisch werden. Außerdem, selbst bei einfachen Fragen, die sich auf meine Erfahrungen beziehen, wie formuliere ich das am besten in der Kürze? Habe ich in den vergangenen sieben Jahren etwa Erfahrungen mit der Pflege gemacht? Sag bloß.

Dann schauen wir mal. Erfahrungen sind immer gut. Auch schlechte Erfahrungen sind gut. Hört sich nach einer ziemlich großen Plattitüde an. Ich weiß. Ist ernst gemeint. Nur aus Erfahrungen kann man lernen, Konsequenzen daraus ziehen, es in Zukunft besser machen. Wenn meine ausführlich niedergeschriebenen Erfahrungen dann dazu führen, dass auch anderen Betroffenen geholfen werden kann, dann haben sich Zeit, Anstrengungen und unzählige Tabletten Tavor gelohnt. Ohne Beruhigungsmittel hätte ich all das nicht niederschreiben können. Mein Hirn arbeitet irgendwie anders. Es verdrängt nicht. Es vergisst nicht. Erfahrungen? Kann ich wiedergeben bis ins kleinste Detail. Durchlebe dafür aber auch alles wieder, bis ins kleinste Detail.

So. Erfahrungen. Ich lebe trotz raschem Fortschreiten seit vielen Jahren ziemlich gut mit meiner Erkrankung. So sagt man. Ich finde, man hat recht. Vor etwa zweieinhalb Jahren wagte zuletzt ein Team von vier auf neuromuskuläre Erkrankungen spezialisierten Ärzt*innen eine Prognose. Wenn ich so weiter machte, nicht auf Leute vom Fach sondern auf meinen Körper höre, dann werde ich den nächsten Sommer nicht mehr erleben. Nun, ich bin noch da. Es geht mir geistig besser als damals. Ich wiege sogar mehr. Geändert habe ich nichts. Besser: Geändert habe ich eben genau nichts. Das ist der springende Punkt. Ich scheiße darauf, alle drei Monate zur Verlaufskontrolle zu gehen. Ich merke selbst am besten, was sich in den vergangenen zwölf Monaten verändert hat. Die Ärzt*innen waren sich ja sogar regelmäßig zu fein dafür, überhaupt einen Blick in meine Akte zu werfen. Und was ich bis dahin und seitdem in Krankenhäusern erleben und erfahren durfte, dafür reicht ein ganzes Kapitel in dem Buch, welches ich schreibe nicht aus.

Ich bilde mir aus fundierten Messungen eine eigene Meinung und setze diese durch. Hätte ich auf Ärzt*innen und Krankenkasse gehört und hätte ich ausgerechnet im Klinikum auf die gewohnte 1:1 Versorgung verzichtet, ich hätte bis heute öfter als nur dieses eine Mal eine Notfall-Bronchoskopie über mich ergehen lassen müssen, um zu überleben.

Klingt schon wieder so polemisch. Dabei ist das nicht einmal meine Meinung. Das kann man messen. Es steht in unzähligen Tageskurven und Arztbriefen beschrieben. Wenn man es genau nimmt, es sind sogar auch mit meinen eigenen Pflegekräften mehrfach Dinge passiert, bei denen ich hätte sterben können. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass etwas tragisches, nicht korrigierbares passiert, ist ohne die eigenen 1:1 Pflegekräfte an Bord natürlich höher. Niemand bestreitet das. Nicht einmal die Pfleger*innen in den Krankenhäusern selbst.

Nun ja, niemand bestreitet das, außer meiner Krankenkasse, der AOK Bayern. Ich könnte das nicht, für so ein Unternehmen arbeiten, wo ich unethischen, mit meinem Gewissen nicht vereinbaren Weisungen Folge zu leisten hätte. Wo ich meinem Kunden Einwurfeinschreiben schicken müsste in denen sinngemäß steht, dass dessen Todesangst-Erfahrungen keinen Penny wert sind. Würde er sterben, sei das Gesetz auf der Seite der Krankenkasse. Also riskiere man gutgläubig sein Leben. Liebe AOK, so leicht werdet ihr mich nicht los. Dafür braucht ihr mehr Glyphosat. Ein Glück für euch, dass die EU auch die strengeren Regeln zum Einsatz von Pestiziden im stillen Kämmerchen rückabgewickelt hat. Wie jedes Gesetz in Sachen Naturschutz. Pariser Klimaabkommen? Erderwärmung bis 2030 maximal 1,5 Grad? Nie gehört. Kann gar nicht sein, hätten wir ja schon im Oktober 2023 überschritten. Und als nächstes leugnen wir den Klimawandel.

Gott bewahre, dass ich bisher jedes Mal mit einem blauen Auge und blau-grün zerstochenen Händen und Armen davongekommen bin. Das tagtäglich mehrfache Spritzens von Notfallmedikamenten fordert seinen Tribut. Wenn du nur noch Medikamente bekommst, die direkt ins Blut gespritzt werden, wenn du über einen druckbetankten arteriellen Zugang verfügst, der vor der Entlassung zugenäht werden muss, ja, dann weißt du, die Lage ist Ernst. Ich hätte dabei draufgehen können.

Ich glaube, bei den Entscheider*innen der Krankenkassen herrscht tiefe Finsternis in Sachen Praxiserfahrung. Kommen Sie mal sieben Tage und sieben Nächte am Stück zu mir ins Krankenhaus. Sie würden sich für so manche Ihrer sogenannten Einzelfallentscheidungen schämen. Wetten, Sie könnten nachts nicht mehr schlafen? Willkommen im Club. Machen Sie es sich bequem. Das begleitet einen nämlich ein Leben lang, was Sie entscheiden. Das Trauma geht nicht mehr weg. Ich weiß, das war Ihnen nicht bewusst. Bittere Pille, nicht wahr?

Klar, liebe AOK, ich denke mir das nur aus, weil ich sonst keine Hobbies habe. Nicht. Ha. Ha. Ha. (künstlerische Denkpause) Haha, wir haben alle gelacht. Ich, mit größter Enttäuschung. Das, was sich die AOK mir gegenüber seit einiger Zeit geleistet hat, dafür empfinde ich nichts außer Enttäuschung  und Sentimentalität. Nicht selten gefolgt von der Sinnfrage.

Sentimentalität deshalb, weil es sich niemand leisten kann, rechtlich dagegen anzukämpfen. Bloß, weil ich rechtlich dagegen angehe, bedeutet das nicht, dass ich es mir leisten kann. Immerhin gehe ich mit meinen Klagen schon aus rein monetärer Sicht das Risiko ein, 132.000 Euro zu verlieren. So hoch ist mein Prozesskostenrisiko. Kann ich mir genauso wenig leisten wie noch ein weiteres Trauma. Na ja, das Trauma wäre zumindest nicht aufgrund von Pflegefehlern und nicht das Resultat meiner Arbeit als Umweltaktivist. So gesehen, wenigstens mal etwas neues. Wie auch neuerdings das Verhalten der Krankenkasse und derer Mitarbeitenden. Dem kann ich nur mit Desinteresse und Gleichgültigkeit begegnen. Integrität und Empathie sind dort plötzlich Fremdworte. Ich weiß nicht, was dort passiert ist.  Außer eben, dass ich auf der Abschussliste stehe, weil ich zu teuer geworden bin.

Es ist offenbar die Norm geworden, im Job Dinge zu tun, die man für moralisch verwerflich hält. Dinge zu tun, die man privat niemals auch nur in Erwägung ziehen würde zu tun. Meine persönliche Ansprechpartnerin, ich kenne sie persönlich. Sie war bereits Gast meines Zuhauses. Wir haben uns gut verstanden. Ich fühlte mich auf Augenhöhe angesprochen. Sollte ich mich so geirrt haben? Hat mich meine gute Menschenkenntnis im Stich gelassen? Steht sie tatsächlich hinter der Entscheidung, mir im Krankenhaus keine 1:1 Betreuung zu bewilligen? Ich will es nicht glauben, dass ich mich so sehr in ihr als Mensch geirrt habe. Andererseits, ich könnte das nicht, im Job contraire zu meinem moralischen Kompass zu handeln. Integrität nennt sich das, sich integer verhalten. Ein Wesenszug, der aus der modernen westlichen Welt zu verschwinden scheint.

Für mich hat Integrität einen sehr hohen Stellenwert. Integrität ist mir noch wichtiger als Loyalität. Schon wieder Polemik? Keineswegs. Lass mich dir eine kleine Geschichte erzählen.

Ich wurde schon einmal wegen meiner Integrität gefeuert.

Man bot mir an, diese Sache zu vergessen, wenn ich mich fügte. Ich wurde wegen meiner Integrität noch einmal gefeuert. Doppelt hält besser.

Okay, steigen wir etwas früher in die Geschichte ein. Auch das habe ich mir nicht ausgedacht. Steht alles in den Gerichtsakten, mein damaliger Chef saß nach der Aktion in U-Haft. Ist aber wohl wieder auf freiem Fuß. Die Firma ging pleite. Kannst du im öffentlich einsehbaren Handelsregister nachlesen. Und ich, nun, ich wurde außerordentlich und fristlos vom Geschäftsführer unserer damaligen Firmengruppe höchstpersönlich gefeuert. Erst schriftlich und am selbigen Nachmittag zur Untermauerung noch einmal mündlich. Der Grund, trivial. Ich habe mich seinen in meinen Augen unethischen Weisungen widersetzt.

Meinen gut bezahlten Traumjob, in dem ich praktisch Narrenfreiheit hatte, war ich los. Jahrelang habe ich sieben Tage die Woche gearbeitet und nur zweimal in der gesamten Firmengeschichte habe ich Urlaub gemacht. Die Abmachung mit meiner Freundin war, dass mein Laptop von 7:00 bis 19:00 Uhr ausgeschaltet bleibt. Ich habe also morgens vor dem Aufstehen gearbeitet und abends, wenn sie (länger als ich) im Bad war sowie nachts. Schlafen konnte ich schließlich tagsüber am Strand. Ich war noch grün hinter den Ohren.

Ich war ein Depp. Ich hielt es wirklich für meinen Traumjob. Und diesen Traumjob hatte ich aufs Spiel gesetzt. Ich habe hoch gepokert und höher verloren.  Doch meine Integrität hat man mir nicht nehmen können. Ich könnte jeden Abend in den Spiegel schauen, also, wenn ich nur könnte.

Mit dem Fall zum Arbeitslosen zog es meine langjährige Freundin ganz schnell vor, hinter meinem Rücken… ach, du kannst es dir denken. Aus der gemeinsamen 120 Quadratmeter großen Erdgeschosswohnung mit U-Bahnanbindung und nichtsdestotrotz Garten in der Größe eines Tennisplatzes samt Zuschauertribüne zog sie alsbald aus. Hinterließ mir arbeitslosem Typen eine Monatsmiete von deutlich über 2.000 Euro.

Nette Anekdote aus meinem Leben. Aber Hand aufs Herz, also, nee, kann ich genauso wenig wie selbständig in den Spiegel schauen. Man weiß auch nicht so genau, ob ich ein Herz habe bei dem, was ich manchmal so vom Stapel lasse. Aber im Ernst, es entspricht den Tatsachen, dass mir mein Vorgesetzter nach der Kündigung mehrfach angeboten hat – am Telefon und sogar in Person bei mir daheim -, dass ich meine Arbeitsstelle sofort wiederhaben könne. Ich müsse nur meinen übermäßigen Gerechtigkeitssinn ablegen, es sei schließlich gar nicht so, wie ich das empfände. Danke, aber nein danke. Integrität, und so.

Arbeitslos. Frau weg, Hund weg. Firmenwagen weg, auf den ich wegen der Sitznähte in Wunschfarbe und abgesehen vom schwarzen Schiebedach, das mir zu protzig war, jedem bei Audi bestellbarem Teil Sonderausstattung stolze neun Monate warten musste. Den Wagen, den ich mit meiner Freundin und beiden Familien im Schlepptau gerademal erst vor drei Monaten in Ingolstadt abgeholt hatte… von jetzt auf gleich, weg. Wohnung, praktisch weg.

Natürlich nahm ich das Angebot an und meine Tätigkeit wieder auf. Nicht. Bis heute habe ich für meinen damaligen Chef und einst sehr guten Freund nicht viel übrig. Gleichgültigkeit. Scham, nicht früher alles bemerkt zu haben um zu verhindern, dass er noch so viele weitere Menschen mit reinziehen konnte in seine Scheiße, wie er es getan hat, leider. Tiefe Scham gegenüber meinen damaligen Kunden, weil mir der eigene Hausanwalt schriftlich ein Kontaktverbot zu meinen Kunden aussprach. Während die Firma auf der anderen Seite ganz und gar schamlos alles daran setzte, meinen guten Ruf zu zerstören. Man wisse auch nicht, was mit dem Herrn Ruppelt sei, es würden sich ständig Kunden beschweren. Man suche ja schon eine Vertretung, aber es sei ja allseits bekannt, dass der Arbeitsmarkt nicht rosig aussehe. Als sich die Mitarbeitenden weigerten, weiterhin solche Lügen zu verbreiten, hieß es dann ich sei nun erst einmal für drei Monate krankgeschrieben. Mehr dürfe man dazu nicht sagen, Datenschutz und so.

Man suche Ersatz für mich. Klar. Die einzige Neueinstellung, die es in dieser Zeit gab, ging nicht etwa an einen kaufmännischen und technischen Vertriebsleiter, der mich hätte ersetzen können. Auch nicht an einen Leiter Technik, der kurz vor meiner Entlassung das Handtuch geworfen hatte. Mir zum damaligen Zeitpunkt leider gänzlich unbekannt der Grund für diese drastische Entscheidung, immerhin handelte es sich dabei um einen der Gesellschafter und Mitbegründer der Firma. Was vermochte ihn dazu bewegt haben, sang- und klanglos zu gehen?

Ich hätte es wissen müssen. Die Antwort, trivial. Unüberwindbare moralische Differenzen zwischen ihm und unser beider Vorgesetztem, unserem Geschäftsführer. Ersatz für ihn? Warum hätte man ihn ersetzen sollen? Hat der Patrick doch gern gemacht, zwei mehr als Vollzeitjobs gleichzeitig. Und scheiße verdammt, war ich gut darin.

Des Weiteren war es dem Geschäftsführer egal, dass meine Technik schon am Ausbluten war, als ich einige Jahre zuvor bei dem Unternehmen angefangen hatte. Wir reden hier über winzige Firmen. Da merkst du jeden fehlenden Kopf sofort.

Bloß, weil man drei oder später fünf Firmen als eine von der eigenen Holding geführten Unternehmensgruppe bezeichnet, wird das halt nicht über das Papier hinaus groß. Die Mitarbeiter der gesamten Firmengruppe zu dieser Zeit kannst du an einer Hand abzählen. Die nur zum Schein angestellten zum Zwecke der Steuererleichterung nicht eingerechnet. Oder vielleicht doch? Ist natürlich nie passiert. Das habe ich mir bestimmt nur eingebildet. Genau wie die Scheinfirma, über die man sich im Deckmantel meiner Firma und zulasten der mir anvertrauten Angestellten Rauschgift mit einem Straßenwert von 240.000 Euro beschafft hat. Mit dem Ziel der Veräußerung, freilich, was denn sonst. Und zur Bedienung des eigenen Suchtverhaltens, okay, aber nicht in der Menge. Die Qualität war gut. Aber nicht in dieser Menge.

Mit beidem habe ich kein Problem. Eine aufgeklärte offene Drogenpolitik funktioniert in jedem Staat, der es ausprobiert hat. Es fällt einer der größten Zweige von Kriminalität komplett weg. Die Kriminalität sinkt und Genießer berauschender Substanzen können dies entkriminalisiert in kontrollierter Gesellschaft tun oder daheim, stören also auch niemanden, der ein Problem damit hat. Und die Konsumenten zahlen auf die Rauschmitte  auch noch Steuern. Ich mein, mal ganz im Ernst, das ist doch für den Finanzminister wie 40 Jahre Geburtstag, Weihnachten und Konfirmation oder Kommunion oder Schnibbeldischnapp-Teile-vom-Pimmel-ab-Fest auf einmal. Wie dem auch sei, für so menschenrechtswidrig ich letztgenanntes halte, so egal ist es mir, dass jemand Drogen vertickt oder konsumiert. Hier ging es eh nur um Ketamin, das war nicht einmal BTM. Also scheiß drauf.

Aber er hat meine Mitarbeiter mit reingezogen. Plötzlich mussten meine Leute zur Kripo, ihre Aussage machen. Und alle wussten, wer dahintersteckte. Das, also das ist für mich indiskutabel. Dass der werte Herr Beschuldigte alles abstritt und meine Mitarbeitenden den Wölfen zum Fraß auf dem Silbertablett servierte, das setzte dem ganzen die Krone auf und veranlasste mich zum Handeln. Integrität, und so.

Ich forderte ihn auf, mich nicht länger anzulügen. Dann würde ich eine Lösung finden, wie wir wieder sauber aus der Sache rauskämen. Ohne meine Mitarbeitenden da mit reinzuziehen. Er bestand darauf, er sei genauso schockiert, wie ich. Er wisse weder, wieso ihm persönlich jemand kiloweise Ketamin schicke (und meine Mitarbeitenden nichtsahnend den Empfang quittierten – und dadurch unverschuldet aktenkundig wurden), noch könne er sich einen Reim daraus machen, wo die ganzen Lizenzen für Siemens Telefonanlagen im Wert von einer Viertel Million herkämen. Elektronische Lizenzen, die gestern noch nicht da waren, als wir die Insolvenz hätten anmelden müssen. Lizenzen, die heute plötzlich da waren. Lizenzen, die von der Geschäftsführung persönlich verkauft wurden, ohne Kenntnis des Vertriebsleiters und des Leiters Technik. Mir. Alles, was mir gesagt wurde, war, man habe einen Plan und ich solle mir keine Sorgen machen.

Die Insolvenz war also abgewendet. Schön. Abgewendet zeitgleich mit zwei der skurrilsten Ereignisse, die ich im Berufsleben je erleben sollte. Könnten wir es dann bitte sauber unter den Teppich kehren, damit niemals wieder Angestellte von mir unwissentlich Drogen für dich in Empfang nehmen? Ich würde es auch bevorzugen, nie wieder höchst dienstlich offiziell vom Leiter der Abteilung Compliance and Internal Affairs von Siemens Enterprise – so etwas wie eine firmeninterne Strafverfolg – eingeladen zu werden. Noch auf dem Weg zu diesem Termin war mir in seiner Gänze unbekannt, wieso ich eingeladen wurde. Ich nahm an, man hoffte auf unsere große Expertise am Markt zur Hilfestellung bei irgend einer internen Ermittlung. Wer hätte gedacht, dass ich damit so recht behalten sollte. Und dass das Objekt der Begierde, nun ja, mein eigener Arbeitgeber war. Ich, im Leben nicht.

Du oder ich? Ich setzte meinem Chef das Messer auf die Brust. Er stritt weiter alles ab. Ich fragte ihn, ob das ein Witz sein soll. Er blieb dabei, er wisse von nichts. Ich stach zu. Wenn das so sei, dann habe er bei einer Selbstanzeige gegen unbekannte Angestellte nichts zu befürchten. Also, du oder ich? Wenn du nicht zur Kripo gehst, tue ich es. Er blieb standhaft. Er wisse von nichts und es gäbe nichts, was man der Polizei sagen sollte. Also drehte ich das Messer um, ließ es in seiner Brust stecken und ging. Wurde gegangen. Soll heißen, ich machte meine dreieinhalbstündige Aussage bei der Kripo und wurde deshalb gefeuert. Außerordentlich, fristlos. Bedeutet, kein Gehalt und kein Arbeitslosengeld. Ja, so ist das. Ist rechtens. Bei einer fristlosen Kündigung ist alles scheiße. Meine Integrität war es mir das wert.

Schöne Geschichte. Aber Geschichte. Genauso detailverliebt wie diesen Ausflug in meinen Kopf dorthin, wo Gedächtniszellen Erfahrungen zum Thema Integrität speichern, so detailliert erzähle ich dir gerne eine wahre Geschichte zu jedem einzelnen… fucking Scheißtag meines Lebens, den ich in irgend einer verfickten Klinik verbringen musste. Die letzten Jahre war obendrein der Aufenthalt dort lebensnotwendig. Krankenhaus oder Tod. Which one will it be?

Liebe AOK, wenn ihr das hier lest, und ihr werdet es lesen, denkt mal in einer ruhigen Minute über folgenden Satz nach. Ihr tut ja geradezu so, als hätte ich mir diese Scheiße ausgesucht. Ich habe bis zum letztmöglichen Zeitpunkt und noch vier Tage länger damit gewartet, mir eine Trachealkanüle anlegen zu lassen. Ich hasse dieses Teil wie die Pest. Das habe ich schon vor einem Jahr und länger ausführlich beschrieben, wieso, weshalb und warum. Man hat mich als unerfahren und als unfachmännisch abgestempelt. Was solls, gibt Schlimmeres.

Zum Beispiel, dass ich in allen Punkten recht hatte und hundertfach daran erinnert werde. Tag für Tag. Jeden Tag. Tagein, tagaus. Habt ihr Skeptiker das gehört? Ich hatte recht. Beim nächsten Patienten bissl aufpassen mit Aussagen zu Dingen, wovon man weder Ahnung noch eigene Erfahrung hat. Nicht jeder kann mit gebrochenen Hoffnungen umgehen. Nichts für ungut. Ist am Ende des Tages ein … mein persönliches Problem. Hilft aber alles nichts, wenn die Alternative zur Klinik heißt Tod. Das ist doch keine Alternative. Das wäre eine Alternative für die Alternative für Deutschland. Kein Scherz. Wer die letzten 10+ Jahre jedes Grundsatz- und jedes Parteiprogramm der AfD und der Hitlerju … ngen Alternative samt der Kommentare renommierter Politinstitute reingezogen hat und – granted – schwerstbehindert ist, aber im Köpfchen ein helles Kerlchen, der kommt nicht ohne darüber nachzudenken hinweg. Ja, liebe AOK, mein Leben ist voll der Spaziergang und ich finds total schön, wie ihr mich durchfüttert. Ihr habtse doch nicht mehr alle. Der Heli mit Rettungsarzt aus der Klinik, in der ich gelandet bin, ist seinerseits praktisch in meinem Vorgarten gelandet.

Ob ich schlechte Erfahrungen nachweisen könne. Ähm. Ja. Ich dachte, darum ging es hier. Ich frage mich ehrlich immer wieder und wieder, wieso mich die AOK zwang, zwei Nächte zur Beantwortung ihrer Fragen durchzumachen, wenn dann auf der Ablehnung steht, dass meine schlechten Erfahrungen irrelevant für die Bewertung sind. Aber hey, hab ich gern gemacht. Was weiß ich schon. Bin ja kein Fachmann.

Beim zweiten Verfahren brauchte es nicht einmal überhaupt eine Begründung. Ich hatte nur, um ganz sicherzugehen, formaljuristisch die Kostenübernahme beantragt. Die pauschale Ablehnung kam früher als ich im Krankenhaus war. Völliger Unsinn also, was man mir vorher vier Wochen lang erzählt hat. Man hätte mir sofort beim Erstgespräch sagen müssen, es wäre besser, ich nähme meine Schwester mit. Denn 50.000 € Kosten für meinen eigenen Pflegedienst müsse ich dieses Mal selbst bezahlen, Wieso sollte irgendwer glauben, dass ich mit diesem Wissen mein Einverständnis gegeben hätte. Manchen Gedankengängen kann ich nicht folgen. Ich kanns einfach nicht. Bin zu doof dazu. Egal. Das wird mir dann das Gericht erklären, falls ich mich irre.

Ob ich schlechte Erfahrungen gemacht habe. Na ja, schon. Aber was spielt das für eine Rolle? Ich verstehe die Frage nicht. Der medizinische Dienst der Kranken … euer eigener medizinischer Dienst sagt im letzten Gutachten, dass bei mir aufgrund mehrerer Faktoren nichts, also sogar mit der erst Ende 2024 in der Praxis wirksam werdenden Gesetzesreform IPReG #noIPReG #noRISG weiterhin nichts an einer 24/7/365 toujours 1:1 Versorgung vorbeiführt. Ich sehe da nichts, wo stehen würde, dass dies im Krankenhaus nicht gilt. Ausgerechnet im Krankenhaus, wo es mir besonders schlecht geht. Schlecht, damit meine ich physiologisch messbar schlecht. So in der Art schlecht, dass der Notarzt und Lungenspezialist mit dem Rettungshubschrauber vor deinem Wohnzimmerfenster landet schlecht. Die Art schlecht, die Art meine ich.

Schlussendlich werden im Fragebogen nun einmal Themen befragt, bei deren Antwort ich gar nicht weiß, wo ich aufhören soll. Es ist alles wichtig, wenn man ein ernsthaftes Interesse daran hat, was im Patienten vorgeht. Da will meine Krankenkasse zum Beispiel von mir wissen, welche Probleme bei den letzten Krankenhausaufenthalten in Bezug auf Grundpflege und Behandlungspflege bestanden. Meine Antwort fällt dementsprechend gewohnt kurz aus.

Gleich mit der ersten Fragestellung reißen Sie ein Thema an, über das ich ein Buch schreiben könnte. Ich möchte mit drei Beispielen beginnen.

Bei einem meiner letzten Klinikaufenthalte ohne meinen eigenen Pflegedienst blieb es mir über die gesamte Aufenthaltsdauer von drei Tagen verwehrt, abzuführen. Das Klinikpersonal kannte sich nicht mit der Bedienung des Lifters und der für mich muskelschwächebedingten erforderlichen Liftergurte aus.

Zweites Beispiel. Bei dem von mir privat finanzierten Krankenhausaufenthalt zur Anlage einer PEG hat man meinen Pfleger mitsamt Sprachcomputer wegen Formalitäten zunächst nicht auf die Station gelassen. Man hat mich ins Bett gelegt, aus Inkompetenz ohne Atemgasbefeuchter, hat mir die Glocke in meine vollständig gelähmte rechte Hand gelegt. Und ging.

35 Minuten hat es gedauert, bis mein Pfleger das Zimmer betrat. 35 Minuten, in denen kein einziges Mal nach mir sah, 35 Minuten, in denen ich nur da lag und darauf wartete, dass ich mich an meinem eigenen Speichel verschlucke. In Regionen ohne 1:1 Versorgung eine der häufigsten Todesursachen bei ALS Patienten. Das Wort Tod schreibe ich nur mit Bedacht. Gleichwohl kann ich Ihnen nicht ersparen, es heute noch öfter zu Lesen. Der drohende Tod ist mein ständiger Begleiter. Ich wünschte, diese 35 Minuten wären die längsten 35 Minuten meines Lebens gewesen. Sie waren es nicht.

Halten Sie einen Moment inne. Stellen Sie sich einen Moment vor, ich rede keinen Stuss. Liebe Leser*innen, Sie wissen, welche Konsequenzen ich in der Vergangenheit getragen habe, weil ich die Wahrheit gesagt habe. Kündigung durch den Arbeitgeber. Kündigung durch den Pflegedienst. Ich lüge nicht. Ich hatte Todesangst.

Stellen Sie sich für einen Moment vor, man klebt Sie nachts auf dem Rücken liegend mit allen vier Extremitäten auf die Kreuzung am Stachus und legt ein Handy mit deaktivierter Spracherkennung neben Ihren Kopf. Sie wissen, der helfende Fußgänger kommt bestimmt. Ob Sie dann noch am Leben sind oder ob sie vom Auto erfasst wurden, das ist ungewiss.

Ich finde diesen sinnbildlichen Vergleich fabelhaft. Er bringt Ihnen näher, wie unvorstelllbar schrecklich eine fehlende 1:1 Versorgung für einen Patienten wie mich ist. Der Vergleich mit Ihnen als unfreiwilliger Klimakleberin ist fast perfekt. Fast. Einen kleinen Haken hat er. Im Gegensatz zu dem Ihrigen hätte man meinen Tod nicht einmal bemerkt. Selbstverständlich sollte ein Patient in meinem Zustand imme am Monitoring hängen. Aber wer weiß, ob rechtzeitig Hilfe naht und nun ja, die sich als weltweit für ihre ALS Forschung rühmende Fachklinik, in der das passierte, hat gar kein Monitoring auf den Zimmern. Denken Sie darüber einmal nach, bevor wir zum dritten und vorest letzten Beispiel über gehen.

Selber Patient. Andere Klinik. Keine eigenen Pflegekräfte. Ich werde mit Blaulicht, zwei Notärzten und vier Sanitätern in der Notaufnahme eingeliefert. Ich habe mich verschluckt, drohe zu ersticken. Stunden vergehen kommunikationslos, bis ich am nächsten Morgen um 5:30 Uhr auf die Intensivstation verlegt werde. Es soll eine Bronchoskopie gemacht werden. Mit Kamera und Absauger in die Lunge gehen, den Schleim direkt in der Lunge absaugen. So ist der Plan. Bis es soweit ist, werden noch viele Stunden vergehen. Viele Stunden, in denen man mir die Nutzung meines in meinen eigenen Hosentasche mitgebrachten Notfall-Sprays bei Atemnot verbietet. Weil man die Anordnung dazu nicht finden könne, meine Patientenmappe sei noch in der Notaufnahme. Zu viele Stunden, in der ich die lebenswichtige Hustenhilfe nicht nutzen kann. Weil, nun ja, mit meinem Gerät kennt sich niemand aus und weil, nunja, die Klinik hat keine eigenen Hustenautomaten. Vielleicht kann deshalb niemand mein Standardgerät bedienen. Es sind nur zwei Tasten. „Power“ um es einzuschalten und „Therapie“, um die Therapie zu starten. Das Klinikpersonal bleibt standhaft. Es ist daran nicht geschult, die Hustenhilfe bleibt aus, bis Sie daheim meine eigenen Pfleger*innen bedienen.

In diesen Tagen beschließe ich, ich gehe nie wieder alleine ins Krankenhaus. Eher übertrage ich live auf Youtube, wie ich medienwirksam in die Schweiz fahre und das Gesundheitsministerium öffentlich an den Pranger stelle… Doch so weit wird es nicht kommen. Mich ohne 1:1 Versorgung ins Krankenhaus zu schicken ist nicht nur unzumutbar, sondern verstößt zurecht gegen deutsches Recht. Das wissen Sie genauso wie ich. Oder nicht?  Ist schließlich mit Verhandlung B 3 KR 15/20 R „stationärer Krankenhausaufenthalt“ höchstrichterlich geklärt. Leider habe ich mir bei meinem vorletzten Krankenhausaufenthalt nicht die Mühe gemacht, zu recherchieren und fast 8.000,- € selber aus eigener Tasche bezahlt. Ich dachte gutgläubig, wenn meine Krankenkasse sagt, ich müsse die Krankenhauskosten selbst bezahlen, dann wird das schon seine Richtigkeit haben. Hätte ja keiner ahnen können, dass mir ein so großer Irrtum unterlaufen ist. Und seis drum, dass meine Krankenakte Begründung genug ist für eine Kostenübernahme, Sie baten darum und wer bin ich, dass ich Ihrer Bitte nicht nachkäme. Bin ja schließlich kein Fachmann.

Tja. So und nicht anders schaut es aus, wenn man mir eine (vermeintlich) einfache Frage stellt.

Du hast sicher gemerkt, dass ich plötzlich zum „Sie“ übergegangen bin. Aus Gründen. Was du gerade gelesen hast, ist praktisch mein Antrag, so, wie ich ihn der AOK geschickt habe. Personendaten habe ich entfernt, das war es auch schon Änderungen. Nicht nur, um das Original nicht zu bewahren. Auch, weil ich faul bin. Außerdem glaube ich, dass du als Gast meines Blogs „auf meiner Seite“ bist. Und so finde ich es gut klarzustellen, wann ich mit wem rede. An manchen Stellen habe ich dreimal überlegt, ob ich das wirklich so schreibe oder politisch korrekt darüber hinwegsehe.

Doch wie mit meinen früheren Klagen gegen die Krankenkasse und den Medizinischen Dienst ist es auch hier. Irgend jemand muss es ja mal aussprechen, wie die Krankenkassen eine beschissene Rechtslage ausnutzen, um Kosten zu sparen. Wirtschaftlich handeln, so, wie es der Gesetzgeber angeblich verlangt, heißt das im Fachjargon. Nein, liebe AOK Die Gesundheitskasse, das sehe ich anders. Scheiß Gesetzgeber, geschenkt. Klar haben die die meiner Meinung nach schlechten Politiker und meiner ganz persönlichen Meinung nach schlechten Menschen Spahn und Lauterbach hauptsächlich zu verantworten. Wer sich stört an dieser Aussage möchte sich, bevor er an einer Unterlassungsklage gegen mich scheitert, erst einmal meine Überlegungen zur von diesen beiden Personen persönlich geforderten und rechtstechnisch auf den Weg gebrachten Abschaffung der 1:1 Versorgung einverleiben (nachzulesen hier). Dann reden wir weiter. Es sind meiner Meinung nach schlechte Menschen. Was die beiden verursachen ist nicht nur unnötig, sondern asozial und entbehrt jeder Rechtfertigung. Ein Mensch mit gesundem Menschenverstand käme nie auf solche krummen Gedanken. Nur allzu oft wünschte ich mir, dass Menschen auch nur ein kleines bisschen mehr vom Gehirn eines Orcas hätten. Kein Scherz. Teile des Gehirns, die für soziales Verhalten verantwortlich sind, sind beim Orca viermal so groß wie beim Menschen. Deshalb wirst du auch niemals einen einzelnen gestrandeten Orca sehen. Orcas bleiben immer zusammen. Das schwächste Mitglied der Gruppe bestimmt die Geschwindigkeit der Gruppe. Kranke und Verletzte werden niemals zurück gelassen. Eher sterben 30 Wale gemeinsam im Blitzeis, als dass auch nur ein einziges Jungtier zurückgelassen wird, das noch nicht lange genug am Stück tauchen kann, um die offene See zu erreichen. Nein, unsere aktuelle Gesetzeslage hält nicht zu den Schwachen und Kranken. Die verfolgt das Prinzip „der Schwächste fliegt“ und das ist asozial.

Was nun aber meine Gesundheitskasse daraus macht, wie sie mit der Rechtslage und ihren Kund*innen umgeht und wie sie Gesetze ausschließlich zu ihren eigenen Gunsten auslegt, um Ihre Milliardengewinne zu maximieren, dafür ist ganz alleine die Krankenkasse verantwortlich. Ich hätte es wissen müssen. Steht ja schon im Firmennamen, dass man sich nur um gesunde Kunden kümmert.

So gerne ich den letzten Satz für sich stehen lassen würde, zwei hab ich noch. Bevor die nächsten Klagen kommen, das mit den Milliardengewinnen lässt sich ungeachtet offizieller Zahlen ganz einfach beweisen. Man nehme dazu einfach den Lobbyismus unter die Lupe. Das wirtschaftliche Handeln betrifft nämlich nur den Patienten. Was für Wucherpreise den großen Versorgern beispielsweise gezahlt werden, das ist gesetzeswidrig. Der Begriff des Wuchers ist nämlich auch im Gesetz geregelt. Über dieses Thema schreibe ich mal was, wenn ich die Kraft aufbringen kann. Jedenfalls das wäre ein Ansatz, wie die Kassen Jahr für Jahr Milliarden einsparen könnten. Die Zahlen liegen dem Gesetzgeber vor. Nur man will da halt nicht ansetzen, denn wir sind doch alle so gute Freunde. Also, alle mit Ausnahme des Patienten, versteht sich. Also, auch nur auf der Soll-Seite. Haben ist immer gut. Meinen Beitrag in Höhe von 12.531,84 Euro p. a. hat man gerne. Aber wehe der Schwerstbehinderte mit höchster Pflegestufe landet im Krankenhaus, weil er sonst stirbt. Nee, da hört die Freundschaft auf.

So gerne ich auch diesen letzten Satz für sich stehen lassen würde, einen hab ich dir noch versprochen. Bevor die nächsten Klagen kommen, das mit der Unterlassungsklage war kein Scherz. Mir fallen spontan vier Anwälte ein, die versucht haben, mich wegen meiner Veröffentlichungen mundtot zu machen. Hat nich funktioniert. Falls du noch nicht genug hast von meinem Geschreibsel, kannst du dir ja mal zwei ganz besonders spannende Fälle anschauen, die seinerzeit ganz schön die Runde gemacht haben.

Im ersten Fall ging es um den Geschäftsführer von Melango. Ich hatte seine illegalen Abzockmethoden, denen seinerzeit schon zehntausende zum Opfer gefallen waren, genau unter die Lupe genommen. Ich hatte es selbst ausprobiert, sein Kunde zu werden. Nach der ersten Veröffentlichung seiner Machenschaften hagelte es erpresserische Drohbriefe und Anwaltsschreiben. Wie süß.

Zum Artikel „Die Melango Abzocke“ geht es hier.

Für den zweiten Fall habe ich mir einen überlegenen Opponenten gesucht. Wer sollte da besser geeignet sein als die Bundesrechtsanwaltskammer selbst, in deren Verantwortung ein Lizenzbetrug in Millionenhöhe entstand. Nach dessen Entdeckung hatte ich ursprünglich nur freundlich darauf hingewiesen. Statt den Fehler zu korrigieren zog man es vor, mir falsche Lizenzinformationen unter die Schuhe zu schieben. Bei sowas werde ich ja ganz fuchsig. Statt meine Berichterstattung einzustellen wie es die Anwaltschaft der Bundesrechtsanwaltskammer gerne gehabt hätte, berichtete ich fortan regelmäßig über meine neuesten Erkenntnisse. Bis die Bundesrechtsanwaltskammer einknickte, sich mit dem Hersteller der geklauten Software (Adobe) einigte und seine eigene Software namens beA – zu deren Nutzung jeder Anwalt in der Bundesrepublik übrigens verpflichtet ist – komplett umprogrammierte und die gestohlene Software durch kostenfrei nutzbare Software Dritter ersetzte.  Ein schrecklicher Flickenteppich, aber wenigstens hinsichtlich der Lizenzrechte fortan sauber.

Die Originalbeiträge meiner Erstveröffentlichung in der Fachpresse von damals wurden zehntausende Male aufgerufen. Sie sind verlinkt. Die kurze Zusammenfassung findest du in meinem Blogbeitrag „Bundesrechtsanwaltskammer gesteht: beA Nutzer verwenden Raubkopien“, den du hier findest.

Mit den beiden letztgenannten Beitragsempfehlungen wünsche ich dir ganz viel Spaß. Es ist ein kleiner Vorgeschmack auf das, was kommt. Ich habe mal grob mein Prozesskostenrisiko überschlagen mit 79 Tsd. Euro. Wenn ich also verliere, kommen zu den rund 53 Tsd. Von der Pflege noch 79 für insbesondere Gerichts- und Anwaltskosten oben drauf. Meinen Eltern rutscht beim Lesen der letzten Zeile das Herz in die Hose. Mein Pfleger fragt mich nach Anmerkung, dass über 130.000 Euro wirklich viel Geld sind, aber wirklich viel Geld sind, ob sich das überhaupt lohnt. Natürlich tut es das nicht. Die Ausgangslage müsste schon sehr viel besser sein, damit es sich lohnt. Ja, aber…

Ich habe einen sehr starken Gerechtigkeitssinn und ich respektiere mit höchster Beachtung nicht nur die Freiheit, die wir in Deutschland genießen, sondern auch die Gerichte, die uns Tag für Tag ermöglichen, unsere Rechtsansprüche wirksam durchzusetzen. Und in meinen geschilderten Verfahren haben wir einen Haufen ungerechter Gesetze, die teilweise nach meiner Auffassung tatsächlich nicht nur ungerecht, sondern obendrein unrechtes sind (man beachte den Unterschied zwischen ungerecht und unrecht). Das nutzen die Kassen aus reiner Profitgier gegenüber wehrlosen Schwerstkranken aus. David gegen Goliath, wie es Jesus höchstpersönlich nicht hätte besser schreiben können. Und da krieg ich nen Hals. Das ist so etwas von gemein, fies, hinterfotzig und asozial. Irgendwer muss etwas dagegen tun. Und wer sollte das sein, wenn nicht ich. Das ist ungefähr so, wie wenn man sich ernsthaft um Tier- und Naturschutz kümmert. Du gewinnst damit keinen Blumentopf und erst recht keinen Rechtsprozess. Nicht mal, wenn du im Recht bist und recht hast, das Recht auf deiner Seite hast. Die Arbeit kostet wahnsinnig viel Geld, Zeit und noch mehr Nerven. Ich glaube auch nicht, dass Tierschutzarbeit geistig gesund ist. Deine Freund*innen belächeln dich, deine eigene Familie hält dich für verrückt, sieht sich der Ambivalenz gestellt zu lieben was du machst, aber findet, dass du dich zu viel damit beschäftigst weil es dich in der Birne krank macht. Was ich gar nicht bestreite. Aber ich kenne nur schwarz oder weiß. Entweder bist du Tierschützer und stehst mit allen verfügbaren Mitteln für Tiere ein, oder du hast weiter deine Milch und Eier zum Frühstück, mittags dein Schnitzel und am Abend ne fette Wurst- und Käseplatte auf dem Tisch stehen. Nein, in meiner Welt funktioniert das nicht. Ich trenne nicht zwischen Tieren, die ich gern hab und Tieren, die ich zum Fressen gern hab. Und wieder habe ich 40% meiner Leser verloren. Selbst die, die noch dabei sind, denken sich bissl weniger provokativ wäre auch okay. Nicht wahr?

Kommen wir doch mal wieder zum Thema zurück. Tier- und Naturschutz teuer, ungesund und ungerecht. Die eigene Kasse verklagen, teuer, ungesund und ungerecht. Aber, da wiederhole ich mich gerne, wer außer mir soll es denn machen? Irgendwer muss es machen. Die Gesetzeslage wird mit jeder Legislaturperiode unfairer und die Krankenkassen werden immer dreister. Es ist an Absurditäten immer abscheulicher, was abgelehnt wird. Neuerdings muss ich sogar die von der Apotheke gelieferten Spritzen zu Verabreichung der von ebendieser Apotheke gelieferten Medikamente selbst bezahlen. Keine Krankenkassenleistung. Selbiges gilt für sterile Handschuhe, Desinfektionstücher zur Versorgung des Stomas in ausreichender Menge, Verbandsmaterial allgemein. Die Meinungen gehen weit auseinander, von man müsse doch nur einen Antrag stellen bis scheiß Krankenkasse. Fakt ist, nach vier Wochen auf der Intensivstation lese ich mich nicht ein, wer wo wie einen schriftlichen Antrag schreiben könnte, damit ich nicht zwei Packungen Sterilhandschuhe bekomme sondern drei derer. Dafür habe ich keine Nerven. Außerdem reichen auch keine drei und keine vier. Wir verbrauchen fünf bis sechs Packungen davon. Ich muss heute noch bei meinen eigenen Pflegekräften darum kämpfen, dass überhaupt mal steril abgesaugt wird. Dabei wäre mir das so viel wichtiger als die Frage zu klären, wer die verfickten Dinger zahlt. Plastik mit verbundgeklebtem beschichteten Papier. Landet alles im Restmüll. Zusammen mit 50 Windeln, mehreren Plastikschläuchen, 20 Packungen Feuchttüchern sowie 1.400 Einweg-Plastikkathetern in einer Verpackung aus… Trommelwirbel… mit Papier untrennbar verklebtem Plastik. Naturschutz war nie einfach. Als ALS Kranker wird es dir wie so oft besonders schwer gemacht.

So. Dieses mal nicht beim Tierschutz gelandet sondern beim Naturschutz. Der gleiche Mist in grün. Alles scheiße. Alles teuer und ungesund.  Damit kenne ich mich aus, teuer und ungesund. Also scheiß drauf. Gehen wir es an. Wie ein – fast hätte ich gesagt schlauer Mann – … also, wie ein… Mann, der nicht dumm war, aber in seinem Handeln und Denken nicht immer konsequent, einst so treffend zum Ausdruck brachte, from time to time, the tree of liberty must be refreshed with the blood of patriots and tyrants. It is its natural manure. Oder so.