Liebes Tagebuch,

es scheint mir einfach nicht vergönnt. Grad, wenn du glaubst, du hast dich genug ausgekotzt diese Woche… wenn du glaubtest, es würde sich was zum Guten wenden in deiner Pflege… wenn du am überlegen bist, ob ein Wechsel des Pflegedienstes vielleicht doch keine kluge Entscheidung ist…

Dann ist es mal wieder Zeit für einen deftigen Rücksetzer. Und zwar von einem Dämpfer meiner Lieblingssorte. Der, bei der nicht nur ich, sondern auch die eigenen Kollegen der Pflegekraft sagen, es ist unnötig kompliziert, was sie sich da ausgedacht hat.

Mich ärgert es ausnahmsweise am meisten heute. Nach der Aktion heute früh bin ich tierisch genervt. Meine Schwester ist zu Besuch aus Spanien und wir haben einen halben Tag verloren. Mein Stoffwechsel Rhythmus läuft aus dem Ruder. Ich versuche seit einer Stunde mit Movicol und Microlax abzuführen – erfolglos. Wir konnten noch keine Pflege machen und in 30 Minuten bekomme ich Besuch. Und in eineinhalb Stunden kommt die Pflegedienstleiterin eines neuen Pflegedienstes zum Kennenlernen vorbei. Wir stehen seit längerem in Kontakt. Und ich bin sau müde.

Der Termin später war witzigerweise einer der Vorschläge von der Geschäftsführung meines jetzigen Pflegedienstes. Ich hatte den Termin zugesagt und meine Freunde informiert, die bei diesem Krisengespräch dabei sein sollten. Und dann kam, wie jedes Mal, die Absage vom Pflegedienst. Ab da war mir alles egal, was die Chefetage dort macht. Einen neuen Termin wird es von meiner Seite erstmal nicht geben. Ich lasse mich nicht länger verarschen. Die bekommen weit über 300.000,- € im Jahr für die Pflege und schaffen es monatelang nicht zum Gespräch zu kommen, obwohl es mehr als genug Gründe dafür gäbe.

Ich habe jetzt einfach einen möglichen Nachfolger eingeladen. Die Spannung steigt.

Eine mehr als spannende Frage wird sein, wen von meinem jetzigen Team ich mitnehmen möchte. Die einzige Pflegekraft, der ich 100% blind vertraue, die wird – das ist meine Befürchtung – nicht den Arbeitgeber wechseln wollen. Ein Jammer. Denn hätte ich von dieser einen Person ein Okay, ich würde ohne mit der Wimper zu zucken kündigen und wo anders hingehen.

Noch mehr zu Bejammern ist die Tatsache, dass es dann nur noch zwei weitere PflegerInnen infrage kämen; aber nur, wenn sie sich künftig an meine Regeln halten. So ein überflüssiges Drama wie heute früh möchte ich nicht mehr erleben müssen. Ich hatte eine recht gute Nacht. Beim Lagern um halb sieben hätte ich eigentlich schon absaugen müssen. Aber das Spiel kenne ich nur zu gut. Die einen beherrschen den Maskenwechsel im Schlaf. Und die anderen, nunja, die kriegen den Maskenwechsel nur hin, wenn ich nicht schlafe.

Und so war mir beim heutigen Nachtdienst Klar, dass mir die Maske wieder so schief aufgesetzt wird, dass man die an allen Seiten rausströmende Luft nicht überhören kann. Bei einem Spaltmaß zwischen Maske und Nase von sicherlich mindestens 5 mm auch kein Wunder. Ich würde sogar behaupten, das war ein ganzer Zentimeter. Aber ich will ja nicht übertreiben. Ein Blinder mit Krückstock hätte es jedenfalls gesehen wie schief es war.

Meine Schwester ist grad aus Spanien zu Besuch und schläft neben mir. Als sie die Tortur heute früh mitbekommen hat, ich hatte den Eindruck, sie glaubt nicht, was sie da sieht. Ich muss dazusagen, dass mir meine Schwester schon unzählige Male die Maske aufgesetzt hat und weiß, worum es geht. Und auch, dass es nichts mit Kraft zu tun hat, ob die Maske sitzt oder nicht. Es ist nur eine Frage der Technik. Als der Tagdienst kam, hat er die richtige Technik noch einmal erklärt und vorgeführt. Erster Versuch, knapp 80 Sekunden später, sitzt die Maske wie angegossen.

Endlich kann ich weiterschlafen. Leider ist es mittlerweile fast 10 Uhr, weil man vorgezogen hat, erst gemütlich Übergabe zu machen und erst danach sagte „Achso und der Patient liegt übrigens seit über einer Stunde ohne jegliche Lagerung und mit der falschen Maske da und würde gerne schlafen. Ich schaffe aber den Maskenwechsel nicht. Zeigst du mir nochmal, wie das geht?“. Nur, um nach der Demonstration zu urteilen „Das wars schon? Aber das kann ich nicht, ich habe nicht so viel Kraft.“. Ja nee, is klar. Nicht einmal versucht hast du es. Wie ein kleines Kind, echt wahr. Ich komme mir vor wie im Kindergarten.

Als ich wieder aufwache ist es bereits 11 Uhr. Ich fühle mich wie unter die Räder gekommen. Der Tag ist für mich gelaufen. Ich bin genervt, gestresst, habe Hunger und bin müde. Und ich hatte noch keinen Kaffee. Wer mich kennt weiß, wie viel Zündstoff das bedeutet.

Fragt mich meine Schwester, ob das schon mal passiert ist. Als ich antworte klar, das passiert dieser Pflegekraft jeden zweiten Dienst, deshalb mache ich bei ihr auch keinen Mittagsschlaf mehr und von der Sorte gibt es noch eine zweite…

Ich sehe ein, dass ich mir jetzt überlegen muss, wen ich mitnehme. Ich will mir die Frage nicht stellen. Aber ich muss.

image_pdfSeite als PDF speichern