Heute gibt es zur Abwechslung mal wieder etwas Fachliches von mir. Ein Thema, das mich verfolgt wie ein böser Traum. Seit Jahren. Immer wieder. Wieder. Und wieder. Seit mein Lieferant einmal versehentlich sogenannte HME Filter geliefert hat anstelle von einfachen Staub- und Bakterienfiltern. Die Dinger haben scheinbar eine magische Anziehungskraft, denn sie werden zu jeder Gelegenheit ausgepackt und irgendwo in meine Beatmung eingebaut. Sogar als ich noch maskenbeatmet war, hat man versucht, mir diese unterzujubeln. Obwohl sie bei einer Maskenbeatmung überhaupt nie zum Einsatz kommen. Total absurd.

Ich bin kein Fachmann. Ich bin auch kein Arzt. Aber ich kann lesen. In diesem Fall ein 179 Seiten langes Dokument der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. mit dem tollen Namen S2k – Leitlinie Nichtinvasive und invasive Beatmung als Therapie der chronischen respiratorischen Insuffizienz (Link hier). Und die Handbücher der Hersteller. Die sind inhaltlich aber deckungsgleich. Und um dem zuvor zu kommen, in der außerklinischen Intensivpflege gelten dieselben physikalischen Gesetze wie in der klinischen Pflege.

So. Was ist eigentlich ein HME Filter?

Wieder so ein Fachbegriff, den viele verwenden, ohne die Bedeutung zu kennen. Die Abkürzung steht für den englischen Fachbegriff Heat and Moisture Exchanger. Auf deutsch übersetzt heißt das ungefähr so viel wie Wärme- und Feuchtigkeitsaustauscher. So wie ich mich bei verschiedenen Herstellern eingelesen habe, gibt es ziemlich viele verschiedene eingesetzte Filtermaterialien. Manche Hersteller arbeiten mit Schaumstoffen, andere mit papier- oder pappkartonartigen Stoffen. Es gibt einlagige und mehrlagige Modelle, ja sogar extra luftdurchlässige Varianten für Sportler (ja nee, is klar). Die Funktion ist aber bei allen die gleiche. Sie regulieren Feuchtigkeit und Temperatur.

HME Filter sind keine Bakterienfilter.

Das war neu. Es gibt wohl auch Kombifilter, aber grundsätzlich muss ein HME Filter nicht unbedingt antibakterielle Wirkung haben. Erklärt auch, wieso egal in welchem Szenario niemals alle eingesetzten Filter HME Filter sein sollten. Direkt an der Maschine muss immer ein Bakterien- und Pollenfilter verwendet werden. Es gibt dafür weitere Gründe wie den unterschiedlichen Widerstand hinsichtlich der Durchlässigkeit von Atemgasen. Aber ich finde das mit den Bakterien einfacher zu merken.

Wo ich so schön in Fahrt bin, räumen wir gleich noch mit zwei weiteren Vorurteilen auf. Was tut der HME Filter doch gleich nochmal? Er reguliert Wärme und Feuchtigkeit für den Fall, dass der Körper das nicht mehr kann und keine aktive Befeuchtung mit kontrolliert beheiztem und befeuchteten Atemgas vorhanden ist. Das ist mal wieder ein typischer Paddy-Satz, meine Güte. Einfach formuliert, normalerweise kümmern sich Nase, Mund und Rachen um die Wärme- und Feuchtigkeitsregulierung der Atemluft. Haut dir aber jemand eine Kanüle in die Brust und klaut deinen Befeuchter, brauchst du einen HME Filter. Falls du nicht so richtig überzeugt davon bist, findest du alles auf den Seiten 28f. der Leitlinie. Gehen wir mal davon aus, dass ich keinen Stuss erzähle, stellen wir also zwei Dinge fest.

Ein maskenbeatmeter Patient braucht keinen HME Filter. Hat er nie. Tut er nicht. Wird er nie, solange ihm niemand die Kehle aufschlitzt, wie es mir ergangen ist. Der atmet mit der Maske ja über Nase, ggf. Mund und Rachen. Wozu soll da ein HME Filter dienen?

Das zweite Vorurteil haben wir unbemerkt auch schon widerlegt. Selbstverständlich brauchen wir daheim ebenfalls keinen HME Filter. An die  Maschine kommt sowieso der Pollenfilter, wie bereits erklärt. Und an der Kanüle haben wir doch die aktive Befeuchtung.

Nur, wenn die Befeuchtung fehlt, wird mit Trockenschlauch und HME Filtergearbeitet. Also zum Beispiel beim Gerätetausch, beim Transport ins Krankenhaus, … hm, in meinem Fall fällt mir nichts anderes ein. An der Maschine selbst ist aber auch in diesem Fall ein herkömmlicher Bakterienfilter.

Und der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass in meinem Fall der invasiven Beatmung und normaler Verschleimung an der Hustenhilfe immer Bakterienfilter und eine gerade Gänsegurgel zu verwenden sind. Weil… ach, wenn du mir nicht glaubst, lies die Seiten 88 bis 109. Im Ernst, ich hatte für heute genügend andere Dinge auf meiner To Do Liste, aber das ist echt spannend. Es wird auch ausdrücklich auf ALS und außerklinische Intensivpflege eingegangen. Da bricht sich keiner einen Zacken ab, sich das mal angeschaut zu haben.

Sehe ich etwas falsch? Schreibs mir unten in die Kommentare.