Aus gegebenem Anlass mal wieder ein Foto der Woche. Leichte Kost für zwischendrin, sozusagen. Auf meine letzten, sagen wir mal 25 Jahre gesehen, fallen mir irgendwie eine ganze Reihe an Leuten aus meinem Umfeld ein, die, wie sage ich das am besten? Nennen wir es mal vorsichtig „Meinungsverschiedenheiten“ mit der Justiz hatten. Ich behaupte nicht, ich sei ein Deut besser. Aber vielleicht habe ich mich nicht erwischen lassen.

Ich wäre ja geneigt, zu behaupten, es war nur mein geschäftliches Umfeld gewesen, aber das wäre gelogen. Außerdem sind die Grenzen bei mir doch eher fließend. Und was für Beziehungen sich aus so mancher Geschäftspartnerschaft entwickelt haben. Keine davon möchte ich missen.

Mit Alfons Schuhbeck habe ich zusammengearbeitet um die Hartausendwende rum, schätze ich. Wahrscheinlich Ende der Neunziger, weil das war auf jeden Fall noch mit meiner zweiten Firma, bevor ich schrittweise ausgestiegen bin. Scheiße, bin ich alt. Ursprünglich ein Verleih für Veranstaltungstechnik, wurde daraus schnell ein Unternehmen, dass ganze Events für Tausende Gäste oder auch über mehrere Wochen dauernde Events betreut hat. Jedes Wochenende von Freitag Mittag bis Montag früh auf Tour. Zwischendrin, wenn die Veranstaltung läuft, im Irish Pub / Steak House an der Bar stehen – damals lebte ich noch nicht vegan, im Gegenteil. Grüße gehen raus an Dani & Axel, danke für eine tolle Zeit in meinem Leben und wertvolle Erfahrungen – unter der Woche im Computerladen arbeiten – den ich aufgrund eines schlimmsten Unfalls des Geschäftsführers für ein halbes Jahr kommisionarisch übernehmen durfte Schrägstrich welche Alternative hätte es damals gegeben? Es kannte sich doch niemand aus mit dem Zeug. Die unzähligen schwarzen Schafe sind reihum auf die Schnauze gefallen und die wenigen Guten hatten ihr eigenes florierendes Geschäft. Meine damalige Freundin lebte in München, ich im 200 km nördlich gelegenen Herzogenaurach, wo ich auch noch eine Kochsendung im lokalen Fernsehen moderiert habe. Glaubst du nicht? Na, dann schau mal hier. Spoiler, is zwanzig Jahre her, nix 4k und so. Ist vermutlich auch besser so, wenn ich mir anschaue, was ich damals für Klamotten getragen habe. Zwinkersmiley.

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Ach richtig, zwei Studiengänge gabs ja auch noch. Mein Informatikstudiom an der FAU in Erlangen habe ich nach dem Vordiplom abgebrochen, weil es mich nicht interessiert hat. Wenn ich überhaupt mal in der Uni war, dann habe ich vermutlich mehr Zeit in der Cafete verbracht als im Hörsaal. Die Wette gewinne ich. Meine Veranstaltungsfirma hat nämlich auch Uniparties ausgestattet. Abgeschlossen hab ich später dann BWL. Weil, ja, keine Ahnung wieso ich nochmal studiert habe. Weil ich erwartete, dass es erwartet wird. Die einzige Ausbildung, die ich für meinen Job tatsächlich brauche ist die zum TÜVSüd-geprüften Datenschutzbeauftragten (DSB). Nicht, weil ich ohne nicht könnte, sondern weil ich nicht dürfte. Da hatte ich aber schon ALS, als ich die begann. Stoff für eine andere Geschichte.

An ein Event erinnere ich mich mit doch eher gemischten Gefühlen. Erst war der Schalldruck unserer PA Anlage zu hoch für die Deckenelemente in der Cafeteria. Ein so ein fettes Teil ist runtergekommen und selbstverständlich standen Partygäste darunter. Stell dir vor, du tanzt da nichtsahnend und plötzlich fällt die Decke runter. Einer der Gäste musste notärztlich behandelt werden. Ich kann leider nicht behaupten, dass alle mit dem Schrecken davon gekommen sind. Es hätte aber noch schlimmer kommen können. Kranke Vorstellung. Kleiner Trost für uns, wir haben auf solchen Veranstaltungen immer kontinuierliche Schalldruckmessungen durchgeführt. Es war knapp, aber wir waren nie lauter als vom Statiker der Uni vorgegeben. Wahrscheinlich war es einfach Pech für alle. Und mal im Ernst, die Uni ist jetzt auch nicht unbedingt das neueste und modernste Gebäude. Wer weiß, wann die Deckenelemente das letzte Mal inspiziert wurden. In meinem Gymmi ist so ein Teil auch mal runtergekommen. Allerdings nicht während der Theateraufführung, sondern nachts. Und da hatten wir auch zu Aufführungszeiten ganze Phallanxen an Scheinwerfn drangeschraubt. Irgendwo mussten die ja hin. War fast so glorreich, wie das Anbohren einer Stromleitung, die die Aula mit Strom versorgte. Also bis dann zumindest. Das war übrigens nicht ich. Ich durfte mir nur anhören, dass wir den Joint doch bitte nicht im Schulgebäude rauchen mögen, sondern draußen. Ja, nee, war eh geplant, sonst will jeder was abhaben und es bleibt nichts für uns übrig.

Dagegen war die zweite Geschichte dieses Abends schon wieder fast witzig. Also, zumindest aus heutiger Sicht. Was hatten wir nur für Schrott LKW damals. Also einerseits fahre ich für mein Leben gerne alles, was schnell und/oder groß ist. Andererseits finde ich es schon mehr sexy, wenn ich nicht das Gefühl habe, dass der Kahn gleich auseinander fällt. Aber was willst machen. Wir hatten kein Geld, kratzten jederzeit am Limit. Unsere erste PA hat damals DM 21.000,- gekostet. Was wir nicht hatten. Wir brauchten die Anlage aber für einen Auftrag. Beschallung eines Fußballfeldes. Open Air. Mit viel gutem Zureden konnte ich meinen Bänker überreden, meinen Dispo zu erhöhen und mir das Limit meiner Kreditkarte zu erhöhen mit meinem persönlichen Versprechen, das die Abbuchung nicht platzt. Der Plan war eigentlich echt genial. Wir kauften die Anlage auf Pump meiner privaten Kreditkarte. Nach dem Event gaben wir die Anlage im Rahmen des kulanterweise vom in den Plan eingeihten) Händler eingeräumten Rückgaberechts zurück. Gerade noch rechtzeitig, damit die Gutschrift auf der Kreditkarte kurz vor der monatlichen Kreditkartenabrechnung gebucht wird. Eine Woche später, so war der Deal mit dem Verkäufer, kauften wir „unsere“ Anlage vergünst als Rückläufer, „B-Ware“, weil sie war ja gebraucht. Zum Listenpreis hätten wir uns eine solche Anschaffung im Leben nicht leisten können. Genauso wenig hätte der Verkäufer das Gute Stück zum Listenpreis kaum an den Mann gebracht. Ist so ein bisschen wie heute mit Autos. Das Autohaus macht eine Tageszulassung, fährt zweimal um Block und schon kostet der S4 nur noch 75 statt 88k. Ist er nicht schön? Meiner Kenntnis der einzige, der sich vollständig mit den Händen manövrieren lässt.

Damals waren wir weder so schick, noch so sicher unterwegs. Und unseren Partnern aus der Branche, ohne die im Veranstaltungsgewerbe nichts geht, ging es nicht anders. Egal, am Steuer welchen Transportets auch immer du unterwegs warst, du konntest froh sein, wenn du nicht unterwegs ein Reifen verlorst. Die Lust auf diese Karren war etwas, nun ja, verhalten.

Darf halt dummerweise nicht jeder 22,5 Tonnen fahren, also an wem bleibts wohl hängen? Entschuldigung an der Stelle für die Regenrinne an meine alte Schule. Mit zusätzlichem zweiachsigen Hänger am eh schon überladenen LKW is halt auch nicht so einfach. Überladen, gutes Stichwort. Erlangen. Uniparty vorbei. Zwischen all dem Durcheinander noch auf einer anderen Veranstaltung vorbeigeschaut. Als Geschäftsführer erwartet man, dich zu sehen. Und selten hatten wir nur eine Veranstaltung pro Wochenende. Wie dem auch sei, rechtzeitig zurück zum Abbau. Material zusammengepackt. Eine Fuhre nach der anderen im Lastenaufzug nach unten befördert in die Anlieferzone der Mensa im Untergeschoss. Da standen unsere LKW. Voll der Luxus. Beim Reinfahren gehts gefühlt zwei Höhenmeter steil bergab, sodass du beim rückwärts runter rollen denkst, jeden Moment setzt du mit der Hebebühne auf. Dafür wirst du belohnt mit praktisch ebenerdigem Einladen von der Laderampe direkt in den LKW. Noch dazu im Trockenen, obwohl es schifft wie sau. Das ist eine Menge wert, wenn sowieso schon alle am Rand der Erschöpfung sind und eigentlich keiner mehr so richtig Lust auf körperliche Arbeit hat. So viel Red Bull kannst du gar nicht trinken, selbst, wenn es palettenweise neben dir steht. Und irgendwann habt ihr es trotzdem endlich geschafft. Alle Transporter voll bis an die Decke. Oberkante Unterkiefer. Quasi Feierabend. Nur noch ans Lage r fahren, Bestand aufnehmen, kilometerweise Leitungen sauber zusammenlegen – ganz besonders spaßig mit 163 A Drehstromleitungen, die gefühlt eine Tonne wiegen – und alles sauber einlagern, bevor es in ein paar Stunden zum nächsten Auftrag geht.

So viel zur Theorie. Wären da nur nicht diese vermaledeiten zwei Höhenmeter, die man nicht nur gestern Nachmittag runter kommen musste, sondern dummerweise jetzt wieder hoch. Was soll ich sagen? Keine Ahnung, mit wieviel Mann, Frau und Divers wir am Ende geschoben haben. Keine Chance. Das wars, Game over. So steil bergauf ist da einfach nix zu machen. Also die ganze Scheiße wieder ausgeladen, die Dreckskiste den Hügel raufgeschoben, das Material hochgerollert, alles wieder eingeladen. Das sind Momente, in denen du dich ernsthaft fragst, warum du dir das antust. Völlig Wurscht, dass es deine eigene Firma ist. Am liebsten würdest du Benzin über den LKW kippen und alles abfackeln.

Nicht immer hätte ich gerne lauter aufgedreht. Bei der ominösen Hotelproduktion wurde nicht nur gekocht, sondern auch gesungen. Während der zweite Stargast, Michael Schanze, durchaus für seine musikalischen Einlagen in der jedermann bekannten Fernsehsendung „Kinderquatsch mit Michael“ berühmt war, wie soll ich sagen, Alfons, du bist ein begnadeter Gastgeber, Koch, Kreateur und Geschäftsmann. Es ist gut, dass du auf diesem Pfad geblieben bist.

Das war für uns eh so ein kniffliger Auftrag. Ich kannte zufällig den Hotelchef persönlich seit der Kindheit über meinen Vater. Das Hotel Herzogspark war zuvor als adidas Sporthotel weltberühmt. Alles, was Rang und Namen hat, gab sich dort die Klinke in die Hand. Damals wie heute. Von David Hasselhoff bis zur DFB Elf. Alle waren sie da. Und mittendrin, der kleine Paddyknirps. Krass, wie groß David Hasselhoff war, als ich auf seinem Schoß saß. Mal meine Eltern fragen, ob sie noch die Bilder von damals finden.

Nicht nur der Hotelchef war mir wohlbekannt. Der hochdotierte Chefkoch war mein Stammgast im Pub. Er brachte gerne mal die besten Trüffel oder Herzen mit, die du für Geld kaufen kannst. Damit verzog er sich in unsere winzige Küche und zauberte. Seit diesem Tag habe ich ein Faible für geile Trüffel. Das ganze Trüffelöl und Zeugs, das die sonst als Trüffel verkauft wird, is für die Tonne. Ehrlich. Nun ja, jedenfalls musste auch seinetwegen alles glatt gehen. Und die Kunden in diesem Fall, und auch die gesamte Konstellation, war gewöhnungsbedürftig.

Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich kurze Zeit später eine ungeheuer faszierende Frau, na ja eigentlich Minderjährige, aus ihrem Münchner Mädcheninternat holen würde, um mit ihr in der Münchener Westendstraße gemeinsam eine Dachgeschosswohnung zu mieten, ich hätte ihm vermutlich nicht geglaubt. Dass ihr Vater hoch angesehener Anwalt ist, machts nicht unbedingt leichter. Aber vielleicht erfuhr ich ja irgendwann, dass ich zumindest ihren Stiefvater bereits viele Jahre kannte. Er war ja auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Leitete er schließlich seit Jahren das einzige Hotel mit 5-Sterne-Niveau weit und breit, in dem neben unserer Fußballnationalmannscht auch mal Alfons Schuhbeck anzutreffen war. Und mit minderjährig habe ich nicht gesagt, dass meine Freundin gerade 14 geworden war. Aber vielleicht war sie ja gerade erst 14 geworden.

Und auf diesen ganzen Quatsch komme ich nur, weil mein Dad in der Bild gelesen hat, dass Alfons in den Bau muss. Da fiel mir gleich dieses jene welche Foto ein, das ziemlich genau fünf Jahre alt ist. 2017 war das, im Oktober. Die ersten Symtome meiner ALS zeigten sich bereits. Vor allem das Treppensteigen bereitete mir im Alltag Probleme. Trotzdem habe ich schöne Erinnerungen auch an diese Zeit.

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